Digitalisierung, Automatisierung, Robotisierung – das sind jene Schlagworte, die aktuell auch in Bezug auf die Entwicklung von Berufen und Berufsbildern in den Medien omnipräsent sind und uns künftige Szenarien von einer Arbeitswelt, in der künstliche Intelligenz unser Tun bestimmt, aufzeigen. Im Zeitalter der Datenökonomie sind es längst nicht nur die Jobs in der Produktion, die in Kürze gänzlich von Maschinen übernommen werden sollen, auch viele der vermeidlich hoch qualifizierten Tätigkeiten sollen künftig nicht mehr von Menschenhand erledigt werden, so der IT-Unternehmer und Autor des preisgekrönten Bestsellers „Rise of the Robots“ Martin Ford. Generell sei jede Arbeit, die routinemässig, repetitiv und vorhersehbar ist, also insbesondere Sachbearbeitungstätigkeiten am Computer, bedroht, da sie einfach und billig zu automatisieren sei. Schon in der nahen Zukunft ist es denkbar, dass Computer auch Wissensarbeit, Kreativität und Innovationsarbeit übernehmen können. Erste Projekte wie IBM Watson, Google Knowledge Graph und Flying Health Incubator sind dafür heute schon Beispiele.

Eine kürzlich veröffentlichte Studie der Beratungsfirma Deloitte , (im Auftrag des SECO) vermutet, dass fast 50 Prozent der Beschäftigten künftig durch Automatisierung ersetzt werden könnten. Bewahrheiten sich diese Prognosen, ist auch damit zu rechnen, dass rund die Hälfte der heute existierenden Berufe entweder nicht mehr vorhanden sein werden oder aber sich in eine völlig differente Richtung entwickeln. Welche Berufe sind also in der Zukunft, im Jahr 2030, 2040 und 2050 noch gefragt? Wie kann man sicherstellen, sich auch langfristig auf dem Arbeitsmarkt positionieren zu können? Welche Arbeitsformen bestimmen unsere Zukunft und welchen Einfluss wird das auf den globalen und auch den schweizerischen Arbeitsmarkt haben?

Gesundheitsberufe und Sozialwesen im Vormarsch

Die Boston Consulting Group spricht in ihrer Studie „The Global Workforce Crisis“ (2014) von einem massiven Mangel an Fachkräften und beziffert diesen mit rund einer halben Million bis zum Jahr 2030 allein in der Schweiz. Auch eine Untersuchung der Universität Basel in Bezug auf einzelne Berufsbilder zeigt, dass der besondere Bedarf an Spezialisten in bestimmten Berufen künftig ausgesprochen hoch sein dürfte. Mit Abstand das grösste Potential ergibt sich laut der Studienleiterin, Prof. Dr. Conny Wunsch, bei den Gesundheitsberufen. Angesichts des demographischen Wandels, der medizinischen Fortschritte und veränderten Lebensbedingungen ist eine weitere Zunahme von chronischen und altersbedingten Krankheiten zu erwarten. Das Gesundheitssystem wird daher noch mehr an Bedeutung gewinnen. Sowohl Medizinalberufe, Gesundheitsberufe, Tätigkeiten in der Geriatrie und dem Sozialwesen gelten als Bereiche, bei denen die Nachfrage nach Spezialisten auch langfristig hoch bleiben wird.

MINT-Berufe bleiben im Trend, Data Scientists sind hoch gefragt

Gemäss dem weltweit grössten Arbeitsvermittler Adecco, der sich wiederum auf eine Studie von CITI & Oxford Martin School beruft, sollen künftig sogar 57 Prozent aller Jobs künftig im Bereich IT & Healthcare sein. Weniger einer Bedrohung durch Roboter ausgesetzt sind gemäss der Consulting Firma A.T. Kearney die sogenannten MINT-Berufe, also Mathematiker, Informatiker, Naturwissenschaftler und Techniker. Moshe Rappoport, IBM Trendforscher, sieht im Bereich der Informatik das Berufsbild der „Data Scientisten“ als den Trendberuf für die nächsten Jahrzehnte. Vielfach kann die hohe Nachfrage nach Security-Spezialisten, Cloud- und IT-Architekten, IT-Auditoren und Test Managern heute auch durch sogenannte „Digital Immigrants“ (also die vor 1980 geborenen) abgedeckt werden. In Zukunft käme es jedoch noch mehr darauf an, digital und vernetzt zu denken, spielend grosse Datenmengen zu filtern, sinnvoll zu strukturieren und diese von Data Models in verwendbare Informationen extrahieren zu können. Und das liegt nun mal dem Digital Native eher im Blut, meint Rappoport.

Besonders gefragt sind Spezialisten rund um das Bildungswesen

In der Grundbildung fehlen gemäss UNESCO weltweit rund 1,6 Millionen Lehrer und Lehrerinnen. Bedingt durch viele Berufsaussteiger in den ersten drei Jahren nach dem Lehramtsstudium sowie zahlreichen Pensionierungen in den nächsten Jahren ist mit einem weiteren Anstieg auf allen Bildungsstufen zu rechnen. Da der Fachkräftemangel insbesondere bei den Hochschulabsolventen zu beobachten ist, dürfte zum einen die Nachfrage nach Bildungsangeboten auf Tertiärstufe weiterhin steigen, zum anderen aber auch die Berufsbilder von Bildungsfacilitatoren, Sozialpädagogen, Erziehern, Forschenden und Lehrenden an Bedeutung gewinnen. Faktoren wie eine zunehmende örtliche Flexibilität, Smart-Working-Initiativen in Vorreiterfirmen wie zum Beispiel Swisscom oder Credit Suisse und eine generelle Tendenz, sich verstärkt weiterzubilden oder umzuschulen, können den Bedarf nach „learning on demand“, „learning on the go“, „e-learning“ sowie modularen Lern-Angeboten weiter begünstigen. Je stärker der Mensch bei einem Job im Zentrum ist und je weniger wiederholbar die Tätigkeiten sind, desto unwahrscheinlicher ist es auch, dass diese, zumindest in der nächsten Zeit, von einer Maschine ausgeführt werden können.

Die Zukunft liegt im Kundenfokus und der Gig Economy

Auf sicheren Pfaden scheinen sich daher all jene zu wägen, deren Berufe sich um Kundenservice, Verhandlungen sowie Beratungen drehen. Denn das sind genau jene Komponenten, die eben aufgrund ihrer Komplexität künftig nur schwerlich automatisiert werden können. Auch bei Werbern, Marketingfachleuten, Treuhändern und Touristikern wird ein vermehrter Bedarf zu verzeichnen sein. In den USA spricht man bereits viel über die sogenannte „Gig Economy“. Das ist der Trend, bei dem man nicht mehr einen einzigen Job in Vollzeit ausübt, sondern sich zum Beispiel über Plattformen wie Elance oder Gigme von Engagement zu Engagement „gigt“ und nur das macht, was einem Spass bereitet oder gerade „ins Konzept passt“. Nicht unüblich ist dabei die Kombination verschiedenster Tätigkeiten. So könnte also ein studierter Webdesigner seine Dienste über verschiedene Plattformen offerieren, Abends auch mal für Uber Taxi fahren, zwischendurch an Usability Tests teilnehmen und eventuell noch als Privat-Hotelier via Airbnb tätig sein. Ist das das Berufsbild der Zukunft? Verfolgt man die aktuellen Zahlen des Bundesamts für Statistik, ist eine deutliche Zunahme von Freelancern bzw. Selbstständigen in diesen Segmenten zu erkennen. In der „Gig-Wirtschaft“ haben also viele Anbieter verschiedene Jobs und der, der sich am besten verkauft, wird am meisten verdienen.

Jene Spezialisten, welche die Chance nutzen und ihre Fachkenntnis mit herausragender Dienstleistungsqualität unterstreichen, werden sich als sehr gefragte Anbieter auf dem Arbeitsmarkt positionieren können. Für diejenigen, die sich von der Digitalisierung zwar aktuell noch unterstützt fühlen, aber ihre Tätigkeit langfristig durch „den Aufstieg der Roboter“ gefährdet sehen, könnte ein Weg dahin führen, sich gut zu reflektieren und in eine der gefragten Richtungen zu spezialisieren, bei der die Konkurrenz durch Automatisierung eher gering scheint. Dies, untermauert durch eine anerkannte und fachlich zielführende Aus- und Weiterbildung, eine offene Haltung gegenüber Veränderungen am Arbeitsmarkt und für verschiedene Arbeitsformen, wird für viele der Schlüssel in eine nachhaltige, berufliche Zukunft sein.


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