Kanalübergreifende Echtzeit-Kommunikation mit Kunden (1/2)
Prof. Dr. Bernhard Koye
Heute ist es möglich, mit den KundInnen über alle Kanäle hinweg in Echtzeit zu kommunizieren und dabei alle Informationen auch verzahnt zur Verfügung zu haben. Dies eröffnet ganz neue Möglichkeiten für kundenzentriertes Verhalten von Finanzdienstleistern. Mein heutiger Beitrag erläutert das Vorgehen der ING Diba in diesem Bereich. Er ist der erste einer Serie entlang der Inhalte des von mir moderierten ACTICO RegTech-Days 2108.
Kontextsensitive Kundenkommunikation
KundInnen finden heute entweder innert 15 Sekunden etwas Interessantes oder sie verlassen die Website wieder. Die ING Diba mit über 30‘000 Mitarbeitenden weltweit strebt personalisierte Kundenkommunikation über die Website in Echtzeit an und orientiert sich dabei an Firmen aus anderen Branchen als Vorreitern.
Bei Netflix z.B. ist die Landing Page personalisiert – nichts ist dem Zufall überlassen, man lernt permanent über die Vorlieben der Kunden durch intelligente und regelbasierte Datenverknüpfung. Amazon erzielt 43 % seiner Verkäufe über sog. beratenden Verkauf auf der Website. Bei beiden Modellen ist gleich, dass sie die Kundeninformationen über eine Datenbank vollkommen transparent in Echtzeit nutzen können.
Verzögerte Datenverzahnung vs. Datennutzung in Echtzeit
Das klassische Vorgehen ist das „Delayed/Batch Profiling“ – also die verzögerte Form der Verzahnung der Daten. Die Bewegungsdaten werden via Transaktionsdaten, Social-Network-Nutzung, Produktbesitz und Demografie generiert und in einem Data Warehouse gespeichert und dann über Stapelverarbeitung später in der Nacht verzahnt. Die Daten liegen nicht in Echtzeit vor, wenn die KundInnen im Kontakt mit der Organisation stehen. Wie kann nun die Echtzeit-Nutzung so erreicht werden, dass kanalübergreifende, aktuelle und bedürfnisorientierte Beratung möglich wird?
Vorgehen der ING Diba
Die ING Diba hat eine Lösung entwickelt, die streambasiert mit mehr als 100 Regelwerken und Product Ownern operiert. KundInnen sind technisch eine Aneinanderreihung von Events und nicht Einzeleinträge. Aus den Ereignissen kann die aktuelle Situation stets gesamthaft ersehen werden. Alle Anpassungen – wie z.B. neue Hobbies oder Statusveränderungen oder Social-Media-Aktivitäten – sind in Echtzeit sichtbar. Die Ein- und Ausspielungskanäle sind an dieses regelbasierte Netz angebunden. Der Event bewegt sich durch die Plattform und die Folgeseite ist bereits personalisiert, wenn sie angeklickt wird. Dabei ist es wichtig, die Masse der Daten im Auge zu behalten. Durch kontinuierliches Monitoren der Kanäle wird verhindert, dass es zu einer Überfüllung der Kanäle kommt. Sog. Circuit-Breaker priorisieren diese, wenn zu viele Daten gleichzeitig eingehen.
Fazit
Das Kundenerlebnis kann heute IT-technisch so gestaltet werden, dass alle Kundeninformationen in Echtzeit über alle Kanäle hinweg vorliegen. So wird eine ganz neue Form der Kundenberatung auf der Basis lernender Systeme möglich. In meinem nächsten Beitrag gehe ich darauf ein, was es IT-technisch, prozessoral und auch kulturell benötigt, um solche Lösungen in Banken zu realisieren.
Lesen Sie auch Teil 2 der Blogserie:
Kanalübergreifende Echtzeit-Kommunikation mit Kunden (Teil 1/2)