Digitalisierung im Retailbanking (2/3)
Sandra Berger
Auf der Basis der sechs Thesen aus der Studie von E&Y „Retailbanking 2020“ wurden in meiner Masterarbeit „Wie beeinflusst die Digitalisierung die Geschäftsmodelle des Schweizer Retailbankings“ ausgewählte Interviewpartner/-innen aus dem Management von Schweizer Retailbanken sowie Digitalisierungsexperten/-innen befragt. In diesem Kontext habe ich bereits eine Blogreihe verfasst und knüpfe nun mit an die vorhergegangenen Themen mit einer weiteren Reihe an. Der heutige Beitrag befasst sich mit der These: „Die Segmentierung der Kundschaft nach heutigen Kriterien* hat ausgedient“ und knüpft an meinen vorgängigen Beitrag vom 22.08.2018, „Im Retailbanking zählt nur noch der Preis“ an.
Kernaussagen von Geschäftsleitungsmitgliedern und Digitalisierungsexperten
Bei dieser These gibt es interessante Feststellungen. 57.1 Prozent der interviewten Personen glauben, dass die bestehende Segmentierung nach Vermögenswerten ausgedient hat. Beispielsweise können Retailbanken mehr mit Personas arbeiten und interne Segmente matrixmässig aufweichen. Wichtig ist es vor allem, aus Kundensicht zu denken. 28.6 Prozent sind der Meinung, dass zwar eine neue Segmentierung nach Nutzen oder Verhalten optimaler wäre, gehen allerdings davon aus, dass auch in Zukunft die klassische Methode Anwendung findet. 14.3 Prozent beharren auf der bestehenden Segmentierung räumen jedoch ein, dass eine Feinsegmentierung innerhalb der einzelnen Segmente durchaus Sinn machen würde.
Kernerkenntnisse
- Unabhängig vom Vermögen können Kundinnen und Kunden die gleichen Bedürfnisse aufweisen und das sollte hinsichtlich Segmentierung berücksichtigt werden.
- Die verhaltens- und nutzerorientierte Segmentierung bedeuten für die Banken, kundennahe und vor allem individuellere Lösungen bieten zu können.
- Die Segmentierung nach Vermögenswerten bleibt aus der Optik der Rentabilität weiterhin wichtig.
- Der Grundgedanke der Segmentierung im Privatkundengeschäft, nach welchem Kunden mit kleineren Vermögen stärker standardisiert werden können als Kunden mit grösseren Vermögen wird weiterhin tragend sein.
Fazit
Die Retailbanken tun gut daran, ihre Art der Kundensegmentierung mit Blick auf die sich stetig ändernden Kundenbedürfnisse zu überdenken. Aus Sicht der Rentabilität bleibt der Grundgedanke der Segmentierung wie erklärt weiterhin tragend, jedoch können innerhalb der einzelnen Segmentierungen Feinabstimmungen nach Verhalten und Nutzen eingesetzt und konsequenter umgesetzt werden. Als zusätzliche Alternative kann sich eine Bank ebenfalls überlegen, ob sie ihren Fokus spezifische Kundengruppen legen soll. So könnten die Kunden individueller und im zeitlichen Kontext, attraktiver bedient werden.
Weitere Teile der Blogserie zu Digitalisierung im Retailbanking:
Digitalisierung im Retailbanking: „Im Retailbanking zählt nur noch der Preis“ (Teil 1/3)
Digitalisierung im Retailbanking: „Mit Effizienzverbesserungen allein lässt sich das Überleben nicht sichern“ (Teil 3/3)
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*Klassische Segmentierungsmethode im Privatkundengeschäft: Segment Retail (bis 250'000 CHF), Segment Affluent (250'000 CHF – 1 Mio. CHF) und Segment Private Banking (ab 1 Mio. CHF). Diese Methode kann von Bank zu Bank variieren.