Digitalisierung und Firmenkundengeschäft – das ist auch bei der PostFinance ein wichtiges Thema. Ralf Stüber, Leiter Marketing Geschäftskunden bei PostFinance, erläutert warum sich das Institut auf ISO 20022 vorbereitet und warum Software-Unternehmen wichtige Enabler für die Digitalisierung des Firmenkundengeschäftes sind. Ralf-Stueber-Postfinance-Firmenkunden-Marketing

Die Finanzbranche ist mitten in der Digitalisierung. Wie stellt sich das Thema im Firmenkundengeschäft dar?

Die Unternehmen sind aufgrund des tendenziell härter werdenden Marktumfelds bemüht, sämtliche Supportprozesse effizient zu gestalten, um mehr Ressourcen für ihre Kernaufgaben einsetzen zu können. Die Digitalisierung und Automatisierung sind deshalb für alle Unternehmen wichtige Themen. Für uns als Finanzinstitut bietet dies die Chance, unser Leistungsangebot entsprechend den Bedürfnissen unserer Kunden weiterzuentwickeln. Aus diesem Grund engagiert sich PostFinance stark im Working Capital Management. Dazu kommt, dass der Finanzplatz entschieden hat, den Zahlungsverkehr zu harmonisieren und bis Anfang 2018 auf den ISO-20022-Standard umzustellen. PostFinance nimmt dieses Thema sehr ernst, denn die ISO-Standards ermöglichen eine Vielzahl von Digitalisierungen und Prozessoptimierungen. Wir begleiten daher unsere Geschäftskunden aktiv durch den Umstellungsprozess und schaffen gemeinsam mit ihnen die Voraussetzungen für eine effiziente Automatisierung.

Wo sieht PostFinance im Firmenkundengeschäft sinnvolle Ansätze, Prozesse neu online ablaufen zu lassen?

Indem der Zahlungsverkehr möglichst durchgängig in die Prozesse und Systeme integriert wird, können Geschäftskunden wesentliche Effizienzgewinne erzielen. So lassen sich beispielsweise Lastschriften ohne Medienbrüche direkt aus dem ERP eines Unternehmens generieren. Weitere Prozessoptimierungen sind möglich, wenn aus Offertanfragen oder Bestellungen leicht Rechnungen ausgelöst werden können. In diesem Bereich ist unsere Lösung PostFinance SmartBusiness angesiedelt. Und last but not least sollten Zahlungseingänge automatisiert mit den offenen Posten im Buchhaltungssystem abgeglichen werden können. Je mehr Prozesse von der Offertanfrage bis zum Abgleich der Zahlung mit offenen Posten automatisiert ablaufen, umso effizienter kann ein Unternehmen seine finanziellen Angelegenheiten erledigen.

Sind Online-Kredite oder Bezahlapps für Firmen denkbar bzw. sinnvoll oder was wären nützliche Anwendungen für Unternehmen?

Gerade für Start-Ups ist es aufgrund der hohen Ausfallrisiken oftmals schwierig, von Banken Kredite zu erhalten. Unter diesem Gesichtspunkt könnten Online-Kredite für Firmen durchaus spannend sein. PostFinance sind in diesem Bereich jedoch die Hände gebunden, da wir aufgrund gesetzlicher Vorgaben keine Kredite vergeben dürfen. Im Bereich des Mobile Payments dagegen sind wir als Marktführerin im Schweizer Zahlungsverkehr an vorderster Front mit dabei und verfügen mit TWINT über die technologisch führende Bezahlapp der Schweiz. Der Mobile-Payment-Markt ist stark in Bewegung und einige Detailhändler haben auch eigene Bezahlapps lanciert. Ich gehe jedoch davon aus, dass in den kommenden Monaten eine gewisse Konsolidierung stattfinden wird. Neben der Convenience und der Anzahl Akzeptanzstellen dürfte für den Erfolg von Bezahlapps insbesondere entscheidend sein, welcher Mehrwert den Privatkunden aus deren Nutzung erwächst. Eine Bezahlapp muss Zusatzdienstleistungen anbieten, die über das reine Payment hinausgehen. Pay&Pick oder Coupons sind nur zwei solche Funktionen, bei denen herkömmliche Zahlungsmittel nicht mithalten können. Da sind wir mit TWINT sehr gut aufgestellt.

Man macht sich Gedanken, wie weit sich Unternehmensbuchhaltung und Zahlungssoftware vernetzen lassen. Auch bei PostFinance?

PostFinance hat zu über 1‘500 Software-Anbietern Schnittstellen. Das sind teilweise sehr grosse und mächtige Lösungen, teilweise aber auch spezialisierte Nischenlösungen. Auf Grund des Entscheides des Finanzplatzes Schweiz, den Zahlungsverkehr bis Anfang 2018 auf den ISO-20022-Standard zu harmonisieren, kommt den Software-Anbietern eine wesentliche Rolle zu: Sie treten mit dem Einsatz von ISO-20022-fähiger Software gegenüber den Unternehmen als Enabler auf. Wir betrachten Software-Anbieter deshalb als wichtige Multiplikatoren und entsprechend werden sie bei PostFinance direkt durch Fachpersonen betreut. Dabei findet ein intensiver und konstruktiver Austausch statt, durch den schon oft Mehrwerte für Unternehmen geschaffen wurden.

Gibt es Chancen für neue digitale Marktplätze, oder Robo-Advisory im Cashmanagement für Firmen?

Viele Unternehmen optimieren ihre geschäftlichen Interaktionen in der gesamten Supply-Chain heute mithilfe automatisierter B2B-Handelsplattformen. Die letzte Phase eines Geschäfts jedoch – die Abwicklung, Verrechnung und Ausführung der Zahlung selbst – ist nach wie vor ein abgekoppelter Vorgang. Mit anderen Worten: Die Vorteile der Unmittelbarkeit, Flexibilität, Transparenz und Effizienzgewinne solcher B2B-Handelsplattformen gehen oftmals verloren, sobald es um den Zahlungsverkehr geht. Hier setzen wir mit unserer Working-Capital-Management-Lösung an. Dank unserer engen Zusammenarbeit mit den übrigen Bereichen der Schweizerischen Post können wir unseren Geschäftskunden vom Einkauf über die Logistik bis hin zum Zahlungsverkehr alles aus einer Hand anbieten. Neue technologische Entwicklungen im Bereich Analytics und Machine Learning bieten zudem Chancen, die Kunden im Bereich Support noch besser und schneller zu unterstützen.

Denken Sie an den Start von Crowdinvestingplattformen?

Das Interesse an solchen digitalen Marktplätzen ist in letzter Zeit stark gestiegen. Grund dafür dürfte primär der Wunsch der Firmen nach schnelleren, flexibleren und auch einfacheren Finanzierungen als über die Hausbank sein. Wir beobachten die Marktentwicklung in diesem Bereich sehr aufmerksam.

Worin liegen die grossen Unterschiede im Firmen und Privatkundengeschäft, wenn es um Digitalisierung geht?

PostFinance will ihren Kundinnen und Kunden den Umgang mit Geld so einfach wie möglich machen. Dabei spielt der Trend der Digitalisierung eine zentrale Rolle, und zwar sowohl bei den Privat- als auch bei den Geschäftskunden. Grundsätzlich wollen beide schnelle, effiziente und transparente Prozesse, um die Finanzen einfach zu verwalten. Bei verschiedenen Zielgruppen innerhalb der Firmen- oder Privatkunden gibt es aber wesentliche Unterschiede. Während Privatkunden, Jungunternehmen und kleinere Firmen einen Trend zur mobileren Nutzung haben, gibt es bei KMU und grossen Unternehmen eher das Bedürfnis nach Prozessoptimierungen und Effizienzsteigerungen. Die Heterogenität wird auf einer neuen Ebene geführt und bleibt als spannende Herausforderung auch in Zukunft bestehen.

Vielen Dank für Ihre ausführlichen Informationen!

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