Mann blickt auf Säulendiagramm und Kurvendiagramm Mann blickt auf Säulendiagramm und Kurvendiagramm
Welcher Ansatz zur Wirtschaftlichkeitsbewertung von Digitalisierungsprojekten eignet sich am besten? (Symbolbild)

Effizienzsteigerung, Kosteneinsparungen, bessere Kundenbindung und eine Diversifikation von Umsatzerlösen sowie schnellere Markteinführungen neuer Produkte und Dienstleistungen zählen zu den wichtigsten Motivatoren für den Einsatz neuer Technologien im Unternehmen. Die Digitalisierung hat in den letzten Jahren für schweizerische Unternehmen stark an Bedeutung gewonnen und stellt eine Chance dar, Prozesse und Angebote zu optimieren und somit national wie international wettbewerbsfähiger zu werden. Allerdings stellen hohe Investitionen in digitale Technologien für viele Unternehmen eine Herausforderung dar, da es für Fach- und Führungskräften häufig schwierig zu beurteilen ist, ob Digitalisierungsvorhaben auch tatsächlich wirtschaftlich sind.

Dieser Blogbeitrag zeigt verschiedene Ansätze für die Bewertung der Wirtschaftlichkeit von Digitalisierungsvorhaben auf und soll Mitarbeitende in Fach- und Führungsabteilungen in KMU und Konzern als praxisorientierte Anleitung zur Bewertung ihrer Vorhaben dienen.

Wirtschaftlichkeitsberechnungen spielen eine zentrale Rolle für Investitionsentscheidungen

Die Wirtschaftlichkeit eines Vorhabens hat erheblichen Einfluss auf die Entscheidung, ob eine Investition in die Digitalisierung getätigt werden soll. Diese Herausforderung wurde zuletzt in einer Analyse der Digitalisierung in der Schweizer Wirtschaft im Auftrag der Schweizerischen Stiftung für Forschung und Ausbildung «Qualität» (SFAQ) und der Schweizerischen Vereinigung für Qualitäts- und Management-Systeme (SQS) aufgezeigt. Wirtschaftlichkeitsberechnungen spielen demnach für die Entscheidung über Investitionen in Digitalisierungsprojekte eine zentrale Rolle.

Verfahren der Investitionsrechnung zur Bewertung der Wirtschaftlichkeit

Die betriebswirtschaftliche Investitionsrechnung bietet eine Vielzahl an Verfahren zur Bewertung der Wirtschaftlichkeit eines Vorhabens und dient der finanziellen Bewertung geplanter Investitionen (Wöhe, 2013, S. 483 ff.).

Bewertungsansatz 1: Statische Gewinnvergleichsrechnung

Die statische Gewinnvergleichsrechnung ist eine Methode zur Bewertung von Investitionsprojekten, bei welcher die Umsatz- und Kostenveränderungen in den beiden Szenarien, d.h. ohne sowie mit der Investition in das Digitalisierungsvorhaben, gegeneinander verglichen werden.

Dabei werden die Umsatz- und Kostenveränderungen einander gegenübergestellt. Berücksichtigt werden insbesondere die Investitionsausgaben (sog. Capital Expenditures "CapEx"), die Veränderungen in den Betriebsausgaben (sog. Operational Expenditures “OpEx”) sowie die zu erwartenden Erlöse.

Die Methode ist einfach und schnell anzuwenden. Aber sie berücksichtigt etwaige spätere Umsatzerlöse, die durch die Investition generiert werden, lediglich auf der Basis von hypothetischen Annahmen. Daher ist sie eine sehr grobe Methode zur Bewertung von Investitionsprojekten und sollte nicht als einzige Methode verwendet werden.

Bewertungsansatz 2: Statische Amortisationsrechnung

Die statische Amortisationsrechnung (auch Kapitalrückflussrechnung genannt) ist eine Methode zur Berechnung der Amortisationszeit einer Investition. Dabei vergleicht man den Zeitraum, über den die Investitionsausgaben durch die erzielten Überschüsse zurückgewonnen werden (sog. Amortisationsdauer bzw. Amortisationszeit).

Eine wirtschaftliche Investition ist dabei durch eine besonders kurze Amortisationsdauer gekennzeichnet, bei welcher die Amortisationszeit kürzer ist als die geplante maximale Nutzungszeit der digitalen Lösung. Vereinfacht gesagt: Je kürzer die Amortisationszeit, desto attraktiver und risikoärmer ist eine Investition.

Die statische Amortisationsrechnung ist eine einfache Methode, aber sie berücksichtigt nicht die Veränderungen im Wert der Investition im Laufe der Zeit und ist daher nur begrenzt hilfreich bei der Bewertung von Investitionsprojekten.

Bewertungsansatz 3: Return on Investment (ROI)

Die Berechnung der Rentabilität (ROI in Prozent) gibt an, wie gut sich eine Investition verzinst. Der Gewinn wird über die geplante Nutzungszeit kumuliert und dann zum in dieser Zeit für die Investition durchschnittlich gebundenen Kapital ins Verhältnis gesetzt (Return on Investment = Gewinnanteil geteilt durch Kapitaleinsatz).

Eine wirtschaftliche Investition ist im Vergleich zweier Szenarien durch einen hohen ROI (in Prozent) gekennzeichnet. Die Berechnung des ROI bietet eine einfache und prägnante Darstellung, bei welcher sich unterschiedliche Konstellationen gut vergleichen lassen. Allerdings erfolgt die Betrachtung ausschliesslich monetär, wobei nur der Gewinn im Verhältnis zum investierten Kapital betrachtet wird und die bei Digitalisierungsprojekten häufig enormen immateriellen Werte unberücksichtigt bleiben.

Bewertungsansatz 4: Dynamische Kapitalwertmethode

Die dynamische Kapitalwertmethode ist eine Methode der Investitionsrechnung, bei welcher die Wertentwicklung einer Investition über einen bestimmten Zeitraum hinweg prognostiziert wird.

Damit die Kapitalwertmethode jedoch auf Digitalisierungsvorhaben angewendet werden kann, müssen einige Annahmen getroffen werden (Mengen, A. &Dietrich, L.,2020):

  • Zahlungsströme und Zeitpunkte sind abschätzbar und können Investitionen direkt zugeordnet werden.
  • Der Kalkulationszinssatz ist bekannt.
  • Finanzielle Mittel stehen unbegrenzt und zu identischem Zinssatz zur Verfügung.

Die Berechnung des Kapitalwerts einer Investition erfolgt dabei anhand der zukünftig erwarteten Cashflows und eines sog. Diskontierungszinssatzes. Allerdings setzt die Kapitalwertmethode voraus, dass solide datenbasierte Annahmen getroffen werden, was in der Praxis bei Digitalisierungsprojekten häufig schwierig ist (Mengen, A. & Dietrich, L. 2020).

Digitalisierungsvorhaben

Die Bewertungsverfahren der Investitionsrechnung bieten verschiedene Ansätze, die insbesondere in Kombination eine Wirtschaftlichkeitsbewertung zulassen. Alleine jedoch greifen sie häufig zu kurz, insbesondere wenn es darum geht, auch strategische Erwägungen in die Entscheidung einfliessen zu lassen. Hinzu kommt, dass Projektabweichung bei Digitalisierungsvorhaben in der Praxis zu Beginn eines Digitalisierungsvorhabens kaum bezifferbar sind. Daher empfiehlt es sich, Digitalisierungsvorhaben nach ihrem Wertschöpfungsbeitrag zu klassifizieren und diese in einen umfassenden Portfolio-Ansatz einzubetten (Rietsch, 2015).

Um zu beurteilen, wie wertvoll ein Digitalisierungsvorhaben ist, können die folgenden Fragen dienen:

  • Wie trägt das Digitalisierungsvorhaben zur Erreichung der Geschäftsziele bei?
  • Wie wirkt sich die Digitalisierung auf die Kundenbindung und -zufriedenheit aus?
  • Gibt es bereits vergleichbare Lösungen am Markt und wie schneidet das eigene Vorhaben im Vergleich ab?
  • Wie sieht das Risiko-Nutzen-Verhältnis aus und lässt sich das Vorhaben angemessen absichern?
  • Wie wird sichergestellt, dass das Digitalisierungsvorhaben nachhaltig und zukunftssicher ist?

Die Wirtschaftlichkeit von Digitalisierungsvorhaben sollte folglich auf Grundlage einer wirtschaftlichen und strategischen Gesamtbewertung vorgenommen werden, welche die Kosten, Nutzen, Rentabilität und das Risiko berücksichtigt und zugleich auch langfristig-strategische Erwägungen einbezieht.

Quellen und weiterführende Informationen

KOF. (2020). Eine KOF Studie im Auftrag der Schweizerischen Stiftung für Forschung und Ausbildung «Qualität» (SFAQ) und der Schweizerischen Vereinigung für Qualitäts- und Management-Systeme (SQS). Analyse der Digitalisierung in der Schweizer Wirtschaft, S. 60 ff.

Rietsch, J. (2015). Projektportfolio-Management: Strategische Ausrichtung und Steuerung von Projektlandschaften (1. Auflage). Haufe.

Mengen, A., Dietrich, L. (2020). Digitalisierung und Wirtschaftlichkeit. Wirtschaftlichkeitsbetrachtung digitaler B2B- Lösungen für Unternehmen.

Wöhe, G. & Döring, U. (2013). Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre (25. Auflage). München: Vahlen.

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