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Ist es an der Zeit, Ihr persönliches Geschäftsmodell neu zu erfinden? (Symbolbild)

Die Entwicklung innovativer Geschäftsmodelle ist nicht nur für Unternehmen eine Herausforderung. Es ändern sich auch die Anforderungen an Mitarbeitende und Führungskräfte. Das Business Model You ist ein Ansatz zur kreativen und strukturierten Gestaltung des eigenen Geschäftsmodells, mithilfe eines übersichtlichen Canvas. Im Mittelpunkt des Business Model You steht die Ausarbeitung des konkreten (Mehr-)Werts, den Berufstätige dem eigenen Arbeitgeber, den Arbeitskollegen:innen oder Kund:innen bieten.

Das Konzept

Das persönliche Geschäftsmodell in Abbildung 1 unterteilt sich in folgende Sektoren (vgl. Landwehr, 2018, S. 158):

  • Im Zentrum steht Ihr Nutzenangebot bzw. Ihr Wert, um den sich alles dreht.
  • Auf der linken Seite davon sind Kooperationspartner:innen, Hauptaktivitäten und Schlüsselressourcen angesiedelt. Dies entspricht in der Produktion dem «Upstream» also allem, was zu diesem Nutzenangebot hinführt und erforderlich ist, um die damit verbundene Leistung zu entwickeln.
  • Auf der rechten Seite sind Kundenbeziehungen, Kund:innen und Vertriebskanäle angeordnet. Dies entspricht dem «Downstream», also allem, was vom Nutzenangebot in den Markt hineinführt.
  • Im unteren Bereich sind Kosten und Einnahmen angesiedelt, die den materiellen Wert und den Gegenwert der Leistung aufzeigen. Dies entspricht dem «Return on Investment».
Business Model You
Abbildung 1: Das persönliche Geschäftsmodell (eigene Darstellung in Anlehnung an «Business Model You»)

So arbeiten Sie mit dem Canvas

Es ist nicht möglich, Ihr Business Model You wie eine Checkliste abzuarbeiten und innerhalb von ein bis zwei Stunden zu erledigen. Das wäre nach Kahneman schnelles System-1-Denken (vgl. Kahneman, 2012), mit dem Sie gewohnte Denkmuster nicht verlassen und nichts Neues über sich, Ihre Möglichkeiten und Fähigkeiten in Erfahrung bringen, sondern weiterhin auf «Autopilot» bleiben. Vielmehr ist hier langsames Denken angesagt, um sich schrittweise und meist in mehreren Wiederholungsschleifen dem Kern zu nähern.

Wenn Sie im langsamen Denken unterwegs sind, vermeiden Sie Kurzschlüsse wie beispielsweise «Ich möchte ja gerne XY machen, aber das geht sowieso nicht, weil ich damit keine Chancen auf dem Arbeitsmarkt habe, keinen Arbeitgeber finde, nicht die richtige Qualifikation habe, zu alt bin usw.» Hier wird in einem einzigen Satz eine konstruktive und vielversprechende Idee geboren und mit Kritik sofort wieder zunichtegemacht. Das ist typisches Schnelldenken nach System 1, basierend auf Erfahrungen und Mustern der Vergangenheit, die sich gerne in einer «Grübelschleife der Aussichtslosigkeit» festlaufen. Erlauben Sie sich, erst einmal alles für möglich und machbar zu halten. Spielen Sie mit Ihren Ideen und Vorstellungen, ohne sich Grenzen zu setzen, seien Sie neugierig und entdeckerfreudig, wie Odysseus auf Abenteuerfahrt.

Für die nachfolgende Arbeit an Ihrem Business Model, erstellen Sie im PowerPoint eine Canvas-Struktur und befüllen diese mit Ihren Inhalten. Oder Sie nehmen ein Flipchart, zeichnen die Struktur des Modells auf und verwenden Post-It zum Beschriften.

1. Schlüsselressourcen – Ihre Fähigkeiten, Qualifikationen und Persönlichkeit

Zu den Schlüsselressourcen zählen Interessen, Kenntnisse und Fähigkeiten, Persönlichkeit sowie materielle und immaterielle Güter.

Schlüsselfragen:

  • Was können Sie gut? Was fällt Ihnen leicht?
  • Wofür interessieren Sie sich? Worauf freuen Sie sich bei der Arbeit?
  • Wie beschreiben Sie Ihre Persönlichkeit?
  • Welche materiellen und immateriellen Güter besitzen Sie; wie Werkzeuge, Netzwerk, langjährige Branchenerfahrung oder Veröffentlichungen?

2. Hauptaktivitäten – was Sie machen

Hauptaktivitäten werden von Ihren Schlüsselressourcen «angetrieben». Ein Beruf hat im Allgemeinen eine erkennbare Konstellation von Schlüsselaktivitäten, die man mit aktiven Verben beschreiben kann wie beispielsweise verkaufen, informieren, beraten.

Schlüsselfragen:

  • Welche körperlichen oder geistigen Tätigkeiten üben Sie im Interesse der Kund:innen aus?
  • Welche zwei oder drei wichtigen Aktivitäten führen Sie jeden Tag aus, die Ihren Beruf von anderen unterscheidet?
  • Welche Aufgaben und Projekte erledigen Sie zudem z. B. in Vertretung für eine Kollegin oder einen Kollegen?

3. Kooperationspartner:innen – wer unterstützt Sie?

Schlüsselpartner:innen können Teamkollegen sein, Zulieferer oder externe Partnerinnen, Kollegen in verschiedenen Bereichen der Organisation, Branchenkolleginnen oder sogar externe Kunden.

Schlüsselfragen:

  • Wer unterstützt Sie, Ihr Wertangebot zu erbringen wie z. B. Kolleg:innen, Personalabteilung, Familie?
  • Welche Schlüsselressourcen stellen diese Partner:innen zur Verfügung?
  • Welche Schlüsselaktivitäten führen die anderen Personen aus?

4. Kunden(-Segmente) – wem helfen Sie?

Kund:innen sind generell Abnehmer Ihrer Leistungen. Ihre wichtigsten Kund:innen sind diejenigen, die für Ihre Dienstleistung bezahlen. Sie haben aber noch andere interne und externe Kund:innen, und es mag gar nicht so einfach sein, diese zu benennen.

Schlüsselfragen:

  • Wem helfen Sie jeden Tag bei der Arbeit; entweder direkt oder indirekt?
  • Wer hängt von Ihrer Arbeit ab, um seine eigene Arbeit zu erledigen?
  • Wer sind die Kund:innen Ihrer Kund:innen?

5. Wertangebot – welchen Nutzen stiften Sie?

Ihr persönliches Wertangebot beschreibt, warum Ihre Arbeit für Ihre Kund:innen von Bedeutung ist. Es definiert den vermittelten Nutzen, das Ergebnis Ihrer Schlüsselaktivitäten nach Anwendung Ihrer Schlüsselressourcen und nicht die ausgeführten Tätigkeiten.

Schlüsselfragen:

  • Welche Kundenbedürfnisse erfüllen Sie?
  • Für welches Problem wollen Ihre Kund:innen eine Lösung haben wie z. B. Kosten senken, Leistung steigern, Risiken reduzieren oder Gewinn steigern?
  • Wie fühlen sich Ihre Kund:innen anschliessend? Fühlen Sie sich entspannter, kompetenter, selbstsicherer, beruhigter, vergnügter?

6. Vertriebskanäle – wie wird man auf Sie aufmerksam und wie liefern Sie

Vertriebskanäle bezeichnen den Prozess: Bekanntheit, Interesse, Abwägung, Verkauf, Auslieferung und die Nachbetreuung. Hüten Sie sich vor einem übertriebenen Fokus auf die Auslieferung und die Nachbetreuung. Langjährige Angestellte ein und derselben Organisation, befinden sich oft in einer endlosen Schleife der Arbeitsablieferung und Nachbetreuung. Dabei versäumen sie es, sich selbst intern zu «vermarkten», indem sie Aufmerksamkeit für ihren Wert an anderer Stelle in der Organisation erzeugen.

Schlüsselfragen:

  • Wie finden Interessent:innen zu Ihnen z. B. über Mundpropaganda, LinkedIn/Xing, Artikel, Vorträge, Verkaufsbesuche?
  • Wie erzeugen Sie Interesse? Wie helfen Sie abzuwägen? Wie findet der Verkauf statt?
  • Auslieferung: Verfassen Sie Berichte? Führen Sie persönliche Gespräche? Laden Sie Daten hoch? Halten Sie Präsentationen persönlich/online? Führen Sie als Führungskraft auf Distanz?
  • Welcher Kanal funktioniert am besten? Welcher am schlechtesten?

7. Kundenbeziehungen – wie pflegen Sie Kontakt

Mit Kundenbeziehungen ist die Art und Weise gemeint, wie Sie Kontakte herstellen, aufbauen und pflegen. Gute Verkäufer:innen, die Kund:innen akquirieren, fassen nach der Auslieferung nach. Damit stellen Sie sicher, dass ihr:e Kund:in zufrieden ist. Dieses Nachfassen kann im persönlichen Gespräch stattfinden, per E-Mail/Telefon/Video/Chat, in schriftlicher Form.

Schlüsselfragen:

  • Welche Art von Beziehung pflegen Sie zu den Kund:innen?
  • Was tun Sie für den Aufbau, die Pflege und Erweiterung der Beziehung wie z. B. Know-how teilen, gemeinsames Essen?
  • Passt die Form der Kundenbeziehung zu Ihrem Geschäftsmodell?

8. Einnahmen – was Sie bekommen

Grundsätzlich gibt es harte und weiche Einnahmen. Suchen Sie nach Gelegenheiten, weiche Vergütungen zu schaffen, die sich unmittelbar auf die vier intrinsischen menschlichen Motivationskräfte beziehen: Zweck, Selbstbestimmung, Beziehung und Kompetenz.

Schlüsselfragen:

  • Zweck: Haben Sie eine gute soziale Einbindung und berufliche Erfüllung?
  • Selbstbestimmung: Haben Sie flexible Arbeitszeiten oder -orte, Mitbestimmungsrecht beim «Was» und beim «Wie» Ihrer Arbeit?
  • Beziehung: Haben Sie Anerkennung, Zugehörigkeitsgefühl und die Erlaubnis, sich ganz in Ihre Arbeit einzubringen?
  • Kompetenz: Können Sie sich beruflich weiterentwickeln, eine interessante Funktion ausüben, Weiterbildungen absolvieren
  • Stimmen Ihre harten Faktoren: Gehalt, Nebenleistungen, Pensionskassenleistungen?

9. Kosten – was Sie geben

Menschen investieren erhebliche Zeit und Energie in ihre Arbeit – und manchmal zahlen sie dafür den Preis in Form von Stress. Weitere Investitionen können Pendel- oder Reisezeiten sein, unbezahlte Überstunden oder die Erwartung, nach Feierabend noch Arbeiten zu erledigen, sowie nicht erstattete Kosten. Neben Zeit und Geld gibt es noch eine dritte Währung: Flexibilität. Zeitliche und räumliche Flexibilität kann geopfert werden (Kosten) oder gewonnen werden (Einnahme).

Schlüsselfragen:

  • Was geben Sie in Ihre Arbeit wie z. B. Zeit, Energie, Flexibilität?
  • Welche Schlüsselaktivitäten sind am «teuersten», d. h. stressig, unangenehm, unerfreulich?
  • Welche nicht erstattungsfähigen Kosten wie z. B. Reisespesen, Kurse, Werkzeuge fallen Ihnen an?

Fazit

Die Ausarbeitung Ihres Geschäftsmodells ist eine Herausforderung, die Reflexions-, Abstraktions- und Analysekompetenz verlangt. Der Vorteil besteht darin, dass damit unbewusste Kompetenzen bewusst werden und das Nutzenangebot wie auch die Zielgruppe klar hervortreten. Ihre Arbeit sollte einhergehen mit Recherchen im Internet wie auch in der «realen» Welt: Erweitern Sie Ihren Horizont! Erkunden Sie mögliche Tätigkeitsfelder, auch jenseits dessen, was Ihnen bekannt ist und was Sie bisher gemacht haben. Probieren Sie Neues aus und stellen Sie fest, was Ihnen besonders liegt. Die Devise lautet: «Heraus aus der bisherigen Komfortzone!» Ist erst einmal die anfängliche Enge, der bisherige «Tunnelblick», überwunden, so ist die Anzahl der Chancen und Möglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt viel grösser als zunächst angenommen.

Quellen und weiterführende Informationen

Clark, T. Osterwalder, A. & Pigneur, Y. (2012). Business Model You: Dein Leben – Deine Karriere – Dein Spiel. Campus.

Clark, T. Osterwalder, A. & Pigneur, Y. (2022). Business Model You. Wiley.

Kahnemann, D. (2012). Schnelles Denken, langsames Denken. Siedler.

Landwehr, T. (2018). Karriere im Umbruch. Strategien für Manager in der digitalen Arbeitswelt. Hanser.

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