Erfolgsfaktor Mensch im Projektmanagement
Dr. Maria Comos-Birmanns
Welche Rolle spielen die Menschen und die Zusammensetzung von Teams, die in die einzelnen Projektschritte involviert sind? Welche Relevanz haben der Projektauftrag und das Stakeholdermanagement? Martina Glaser, Co-Leiterin Projektstab Stadtrat Zürich, teilte an der diesjährigen Frühjahrstagung des spm 2021 "Projektmanagement vernetzt – zwischen gestern und morgen" – in ihrem Vortrag "Der Mensch als Erfolgsfaktor in der Projektarbeit" Ihre Erfahrungen als Projektleiterin bei der Stadt Zürich. Die Tagung fand in hybrider Form statt, vor Ort im Careum Auditorium in Zürich und online als Liveübertragung.
Einblick in den Projektstab des Stadtrats Zürich
Zunächst gab Frau Glaser anhand einiger Kennzahlen (Abb. 1) einen kurzen Einblick in Anspruchsgruppen, Budgets und damit Komplexität von Projekten.
Bei 32'000 Mitarbeitenden, die auf neun Departemente aufgeteilt sind, kennt man zu Beginn eines Projektes die KollegInnen meist nicht. Dabei ist der Projektstab Stadtrat mit 10 Jahren noch relativ jung und hat gerade mal fünf Mitarbeitende (Abb. 2).
Martina Glaser führte eine Vielzahl an Projekten in den unterschiedlichen Departementen auf, die unter der Leitung des Projektstabs bereits umgesetzt wurden bzw. aktuell noch laufen:
Präsidialdepartement
- Kunsthauswerweiterung
- Gestaltung untere Höschgasse
- Museumslinie 4
Finanzdepartement
- Neue Trägerschaft Kongresshaus (Sanierung)
- Koch-Areal
Hochbaudepartement
- Marina Tiefenbrunnen
- ABB Oerlikon Nord
Relevanz des Projektauftrags
Eine entscheidende Voraussetzung für den Erfolg oder Misserfolg eines Projektes ist der Projektauftrag. Ist dieser klar formuliert, liegt er schriftlich vor und ist er genehmigt? Der Projektauftrag sollte folgendes umfassen:
- Ziel des Projekts
- Ausgangslage
- Projektdefinition, inkl. Teilprojekte
- Zeitplan
- Organigramm
- Kosten
- Ressourcen
- Genehmigung
Frau Glaser hat ein Projekt übernommen, in dem es keinen klaren, schriftlichen und genehmigten Projektauftrag gab. Der ehemalige Projektleiter sowie das Team waren wenig motiviert und es gab keine Fortschritte. Es war unklar, was eigentlich gemacht werden musste. Nachdem durch den Stadtrat die notwendigen Voraussetzungen geschaffen wurden, war das Projektteam motiviert und bald konnten Resultate erzielt werden. Den Mitarbeitenden wurde vermittelt, warum sie neben dem Tagesgeschäft für die Umsetzung des Projekts gebraucht werden. Mitarbeitende müssen wissen, was sie mit welchem Ziel zu tun haben und Projektleitende müssen die nötige Befugnis haben, um Projekte entsprechend umzusetzen.
Diversität des Teams
Welche Abteilungen in einem Projekt vertreten sind, ist Teil des Genehmigungsprozesses; welche Mitarbeitenden dies konkret sind, wird nach der Genehmigung eines Projektes entschieden. Möglichst alle Bereiche, die mit dem Thema zu tun haben, sollen involviert werden, dabei soll die Teamgrösse jedoch effizientes Arbeiten ermöglichen. Eine weitere Herausforderung ist das Handling vieler Interessen versus dem Risiko, einzelne Anspruchsgruppen nicht zu involvieren. Daher lieber eine Person zu viel als zu wenig.
Die Profile der Projektmitarbeitenden sollten heterogen sein, d.h. vergangenheitsfokussiert darf vertreten sein, aber zukunftsorientiert braucht es unbedingt, risikofokussiert kann das Team weiterbringen und lösungsorientierte Teammitglieder sind essentiell. Die Teamentwicklung braucht auf jeden Fall Zeit und ist entscheidend für die Erreichung des gemeinsamen Ziels der unterschiedlichen Fachabteilungen. Als Beispiel führte Martina Glaser das Projektteam Gestaltung untere Höschgasse mit allen vertreten Interessengruppen auf:
- Projektleitung: Projektstab Stadtrat
- Grün Stadt Zürich
- Hochbaudepartement
- Liegenschaftsverwaltung
- Städtische Denkmalpflege
- Kultur
- Stadtentwicklung
- Tiefbauamt
- Kantonale Denkmalpflege
In dem Projekt sind zahlreiche Perspektiven und Interessen vertreten und entsprechend anspruchsvoll ist die Projektarbeit. Die Projektleitung hat die Aufgabe, das Projekt zu steuern, muss das Team mitziehen, motivieren und durch umfassende Kommunikation Probleme lösen.
Stakeholdermanagement
Das Stakeholdermanagement ist neben dem Team das zentrale Element des Projekterfolgs. Dazu
… müssen die betroffenen Anspruchsgruppen identifiziert und die Beziehungen im Projekt visualisiert werden, das können einzelne Personen sein, Organisationen, Gruppierungen etc.
… Interessen der Anspruchsgruppen in Beug auf das Projekt ermittelt werden.
… muss der Einfluss der Anspruchsgruppen in Bezug auf das Projekt identifiziert werden.
… muss eine Kommunikationsstrategie und ein -plan aufgestellt werden.
Die Projektleitung pflegt den direkten Kontakt zu den Stakeholdern und erhält so auch indirekte Informationen, die das Projekt betreffen können. Als Beispiel nannte Martina Glaser das Projekt Marina Tiefenbrunnen, bei dem sie etwa den regelmässigen Austausch mit dem Quartierverein pflegte, eine von etwa 20 Anspruchsgruppen.
Überlegungen für die Entscheidungsfindung in Projekten
Grundlegend für die Entscheidungsfindung ist eine perfekte Vorbereitung von Sitzungen, dies betrifft die sachliche, inhaltliche sowie taktische Ebene. Für den Erfolg eines Projektes sind (politische) Mehrheiten notwendig, d.h., nicht nur sachliche, sondern auch politische und strategische Überlegungen sind essentiell. Kann die Projektleitung Fragen nicht beantworten, ist sie nicht glaubwürdig, kann sie das Vertrauen der Projektbeteiligten so nicht gewinnen – das betrifft auch Randthemen. Auch Lobbyarbeit und bilaterale Gespräche vorab können sich lohnen, da es in grossen und auch virtuellen Sitzungen oft schwierig ist, Überzeugungsarbeit zu leisten und Entscheidungen herbeizuführen.
Fazit
Die Ausführungen zeigen, dass Menschen die zentrale Rolle in Projekten spielen. Über alle Projektphasen hinweg muss die Projektleitung durch Kommunikation und Interkation die Bedürfnisse der Anspruchsgruppen beachten. Dies kann kein IT-Tool abnehmen, die Projektleitenden sind an dieser Stelle ganz besonders gefordert, um das Team zum Projektziel zu führen.