Der neue, digital-agile Projektmanager (1/3) Managen virtueller Unternehmen und Teams im Projekt
Torsten Hollerbach
"Kniet nieder wenn der König naht
Kniet nieder schwört auf seine Macht
Kniet nieder wenn der König naht
Und freut euch wenn der König lacht."
Willkommen in der Hierarchie mit dessen machtvollen Gebilden, dem Heldentum als Ansehen und der stillen, getreuen Gefolgschaft. So ist es, Gott sei Dank, heute nicht mehr wie damals in Shakespeares "King Lear". Dennoch fühlen sich viele Menschen, die in der Hierarchie ihren Dienst tun, immer noch unantastbar, allwissend und befreit von geistigem Siechtum. So scheint es jedenfalls auszusehen. Doch Zeiten ändern sich und mit den Zeiten auch die Ansprüche, seien sie vom C-Level in einem Unternehmen bis hinunter zum "normalen" Mitarbeitenden. Die Mitarbeitenden geben sich nicht mehr mit einer Führung im Unternehmen zufrieden. Nein, sie möchten lernen, den eigenen Wissenshorizont zu erweitern und aktiv im Geschehen dabei zu sein. Das hat viele Vorteile, jedoch auch prägnante Nachteile für die Verfechter der Hierarchie.
Neue Skills sind gefragt
Dasselbe geschieht auch in den Projektteams in verschiedensten Projektstrukturen. Ein einfaches Empfangen von Aufgaben und die zeitige Abarbeitung derer sind schon lange kein Standard mehr. Die Beteiligten möchten mitdenken, mitreden und in Entscheidungsprozessen involviert und integriert sein, anstatt das Dasein nur in langweiligem Abarbeiten von Tasks zu fristen. Der neue Projektmanager in der digitalen Transformation braucht eine Menge neuer Skills, die er sich aneignen muss, um mit den Gegebenheiten der sogenannten digitalen Weltordnung mithalten zu können. Nehmen wir da folgende Skills:
- Managen virtueller Unternehmen
- Managen virtueller Teams
Diese und noch viel mehr neue Skills sind da gefragt, um auch in ferner Zukunft - sagen wir mal in fünf Jahren - Projekte im Kundeninteresse zum Erfolg zu führen. Das Durchführen von Projekten mit mehreren Iterationen ist für Projektmanager aus der alten Liga der Hierarchie sehr schwer. Dort gibt es nur Anfang, Mitte und Schluss und keinerlei Wiederholungen, oder sogar Fail Forward. Dies ist in dieser Generation Projektmanager vollkommen unbekannt. Es erfordert daher für diese Liga der Projektmanager ein innovatives Umdenken und Anpassen an die neue Industrie 4.0, agiles Management und digitale Projektentwicklung.
Managen virtueller Unternehmen
Gerade für kleinere Unternehmen und Einzelunternehmer sind virtuelle Unternehmen sehr lukrativ. Zu bedenken sind da die Lohnkosten, Spesen und weitere Kosten, die für die Unternehmen kaum anfallen, ausser den Eigenressourcen. Unternehmen, die schon öfters zusammen ein Projekt gemeistert haben, finden immer wieder zusammen. Dabei können sie einmal unkompliziert ergänzt und ebenso verkleinert werden, falls ein Projekt nicht so viele Ressourcen benötigt. Dies hat auch enorme Vorteile für den Kunden, da dieser mit diesem Modell keine unnötigen Ressourcen finanzieren muss. Wenn sich die Unnötigkeit der Dienste von den derzeit nicht benötigten, virtuellen Unternehmen sich wandelt zu einer benötigten Ressource, sind somit die vormals obsoleten Dienstleistungen wieder gefragt und wichtig (Arnold und Härtling 1995).
Abbildung 1: Virtuelle Unternehmen in einem Projekt (CANDOIT, 2020)
Als selbständiger Projektmanager ist es enorm wichtig zu wissen, wie virtuelle Stakeholder gehandhabt werden. Sicherlich braucht man dafür ein gesundes Selbstvertrauen, denn die einzelnen virtuellen Unternehmen können mit mehreren Teams aus verschiedenen Unternehmen und einer grossen Anzahl von Personas im Projekt vertreten sein. Dies erfordert ein gewisses Fingerspitzengefühl, denn man muss bedenken, dass jedes Unternehmen, das in dem virtuellen Unternehmen partizipiert, seine eigenen Abläufe, eine eigene Kultur und Arbeitsweise hat.
Der Projektmanager hat also die Aufgabe, diese vielen und unterschiedlichen Ressourcen auf einen Nenner zu bringen und auf das Projekt zu eichen. Sicherlich eine spannende und aufregende Aufgabe, die viel Talent und Einfühlungsvermögen braucht (Mertens und Faisst 1997).
Managen virtueller Projektteams
Dieselben Prinzipien der Zusammenführung von Ressourcen verfolgen auch die virtuellen Teams. Dabei arbeiten Selbständige, Freelancer, Einzelunternehmen und auch Unternehmensmitarbeitende temporär für einen gewissen Zeitraum zusammen, um in einem Projekt die Realisation sicherzustellen, oder auch um Ausfälle von Personen oder Teams zu kompensieren und/oder um interne Ressourcen zu schonen.
Im Gegensatz zu den virtuellen Unternehmen muss der Projektmanager bei virtuellen Teams viel stärker auf die einzelnen Projektteammitglieder eingehen. Virtuelle Unternehmen und dessen Mitarbeitende unterstehen ja bereits einer Arbeitskultur, während virtuelle Projektteammitglieder sich als Individuen mit unterschiedlichen Arbeitskulturen in der Arbeitswelt bewegen. So ist ein Grossmass an Sympathie und Verständnis ist für eine erfolgreiche Führung virtueller Teams unbedingt notwendig.
Lesen Sie auch Teil 2 und Teil 3 dieser Blogbeitragsserie:
Der neue, digital-agile Projektmanager – Kompetenzenmix (2/2)
Quellen und weiterführende Informationen
App, S. (2013). Virtuelle Teams. Freiburg: Haufe-Lexware.
Arnold, O. & Härtling, M. (1995). Virtuelle Unternehmen: Begriffsbildung und -diskussion. Inst. für Wirtschaftsinformatik.
Köppel, P. (2008). Empirische Modellbildung: Das MIPO-Modell. In: Konflikte und Synergien in multikulturellen Teams: Virtuelle und face-to-face-Kooperation (S. 275–300). Wiesbaden: Springer Gabler Verlag.
Lipnack, J. & Stamps, J. (2000). Virtual teams. People working across boundaries with technology (2. Aufl.). New York: Wiley.
Mertens, P. & Faisst, W. (1997). Virtuelle Unternehmen — Einführung und Überblick. In: Strategische Unternehmungsplanung/Strategische Unternehmungsführung (S. 953–968). Wiesbaden: Springer Gabler.