SEF.Studie 2021 New Horizons SEF.Studie 2021 New Horizons
In der SEF-Studie gaben Geschäftsmitglieder und Verwaltungsräte einen Einblick, was Schweizer KMU in den nächsten drei Jahren besonders beschäftigt. (Bild: Kalaidos FH)

Wie blicken Schweizer Unternehmen in die Zukunft? Im Rahmen der SEF-Studie, welche in Zusammenarbeit mit Forschenden der Kalaidos Fachhochschule Schweiz entwickelt wurde, gaben Geschäftsmitglieder und Verwaltungsräte einen Einblick, was Schweizer KMU in den nächsten drei Jahren besonders beschäftigt: Digitalisierung, Nachhaltigkeitsthemen und geschäftliche Optimierung. Zusätzlich zeigt das SEF-Barometer einen positiven Einblick bezüglich der Unternehmensaussichten für die nächsten zwölf Monate. Demzufolge herrscht Optimismus und Vertrauen in die eigenen Stärken (SEF Studie, 2021).

Der Einfluss der Pandemie

Es hat sich gezeigt, dass besonders bei unplanbaren Ereignissen Unsicherheit und Angst die Zukunft beeinflussen. Die Pandemie hat niemand kommen sehen, und Politiker und Wirtschaftsführer hatten keine Vorstellung von deren Komplexität, Auswirkungen und Länge. In der Schweiz wurden alle Branchen und alle Unternehmen unabhängig von ihrer Grösse überrascht und mussten zusehen, wie sich innerhalb weniger Tage ganze Märkte veränderten. Neues Konsumentenverhalten, bei dem es nur darum geht Bestehendes zu sichern und als Firma zu überleben, hat Innovationsbestrebungen und Wachstumspläne zerstört.

Der Markt hat sich verändert und Konsumenten haben sich schneller an die Situation angepasst als die Produzenten von Gütern und Dienstleistungen. Der Shift zu Achtsamkeit, Nachhaltigkeit und einem bewussteren und verantwortungsvollerem Lebensstil wird uns noch länger beschäftigen und auch viele Unternehmen zum Umdenken zwingen. Leader sind angehalten, sich mit Sinn und Zweck (Purpose) des Unternehmens und seiner Kommunikation zu beschäftigen.

Agilität und Resilienz

Nur agile Unternehmen mit flexiblen Strukturen konnten sich schnell auf diese neue Situation einstellen und auch während des Lockdowns Produkte und Dienstleistungen online verkaufen. Die organisatorische Resilienz bestimmt, wie widerstandsfähig eine Organisation ist und wie sie nicht-normative Risiken bewältigt. Weil sich Konsumenten schnell an einfachere, benutzerfreundlichere und anwendungsgerechtere Lösungen gewöhnen, weniger loyal sind und sich durch Soziale Medien beeinflussen lassen, müssen Unternehmen Agilität und Resilienz entwickeln. Vor allem kleinere, nicht international diversifizierte Unternehmen brauchen diese Kompetenzen, um weiterhin erfolgreich zu sein.

Führungskräfte schätzen sich generell positiv ein, wenn es darum geht, die eigene Strategie, Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit zu beurteilen. Entsprechend sind die Studienergebnisse durchweg eher positiv – auch bezüglich der Wandlungsfähigkeit. Dies entsprach nicht unbedingt der Realität während der Krise.

Innovationsweltmeister bleiben

Die Schweiz ist Innovationsweltmeister und gilt seit Jahren als eines der international bestvernetzten Länder. Das gescheiterte Rahmenabkommen macht der Politik, Wissenschaft und Wirtschaft Sorgen, da die Schweiz damit vom Forschungsprogramm „Horizon Europa“ ausgeschlossen wurde. Es besteht die Gefahr der Isolation. Die Wirtschaft bewegt sich aber genau gegensätzlich. Die Trends sind nämlich technologische und gesellschaftliche Vernetzung, Kollaboration und gemeinschaftliche Wertschöpfung in branchen- und länderübergreifenden offenen Innovations-Ökosystemen (Fasnacht, 2020).

Obschon 2020 mehr als in den Jahren zuvor über 46‘000 Firmen gegründet wurden (Institut für Jungunternehmen, 2021) und der Schweizer Aktienindex (SMI) einen Rekordstand erreicht hat, ist Vorsicht geboten. Die Innovationsaktivitäten der Schweizer KMU gehen seit 2000 kontinuierlich zurück (SBFI, 2020). Dies gilt insbesondere für Unternehmen, welche weniger als 100 Mitarbeitende zählen und in der Regel über keine eigene Forschung und Entwicklung verfügen. Unsere Studie belegt, dass finanzielle Mittel für die Förderung von Innovationen vor allem in diesem Segment fehlen. Bei grösseren KMU liegt es kaum an den finanziellen Mittel; oft fehlt es an einer offenen Innovationskultur und dem strategischen Willen Ressourcen für ungewisse Experimente freizugeben.

Der ausgelöste Digitalisierungsschub ist kein Selbstzweck. Auch wenn im letzten Jahr Geschäfte zwangsläufig über digitale Plattformen abgewickelt werden mussten, sollten Unternehmen sich überlegen, wie damit die Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig gesichert werden kann. Der externe Schock durch Corona hat zwar viel bewegt, allerdings tragen Home-Office und die Verlagerung von physischen Meetings in den digitalen Raum längst nicht dazu bei, dass Firmen innovativer werden.

KMU spielen eine zentrale Rolle für das Schweizer Innovationssystem

Nachhaltiges Wachstum und Firmenübergaben an die nächste Generation werden durch eine mangelnde Innovationsfähigkeit erschwert. Zudem führt eine kontinuierlich sinkende Innovationsquote langfristig dazu, dass die Produktivität in der Breite der Wirtschaft abnimmt. Wenn kleinere Firmen nicht mehr in das wirtschaftliche Ökosystem eingebunden werden, hat dies verheerende Auswirkungen für den Wirtschaftsstandort Schweiz.

Krisen fördern schnelles Denken und Kreativität. Neue Ideen werden schneller umgesetzt als während stabiler Wirtschaftszyklen. Der Mut für Neues, der von den befragten Geschäftsleitungsmitgliedern als überaus positiv bewertet wurde, könnte ein Eigenlob sein. Denn Existenzängste gibt es auch in der Führungsetage.

Ein kollegial-selbstorganisierter Führungsstil könnte alle Mitarbeitende befähigen und motivieren, digitale Innovationen aufzuspüren, einzuordnen und nutzenbringend einzusetzen. KMU haben jetzt die Chance, aus der Krise zu lernen und sich neu zu positionieren und mit digitalen Geschäftsmodellen passgenau Lösungen für Kundenbedürfnisse zu kreieren. Nur so bleiben sie als Nischenanbieter, Zulieferer für Grosskonzerne und als aktive Wertgeneratoren in einer global vernetzten Wirtschaft relevant.

Mit Disruption in die Zukunft

Der Wirtschaftsstandort Schweiz profitiert zwar weiterhin von der hohen Ausbildungsqualität und guten Infrastruktur, was die Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit antreiben. Unserer Studie zeigt, dass qualifizierte Personen immer weniger verfügbar sein werden. Entsprechend möchten wir anregen, dass es bei der digitalen Transformation mehr Anstrengungen braucht. Digitale Themen werden zwar vom Bund unterstützt (beispielsweise durch Fördermittel im Rahmen des NTN Innovation Booster von Innosuisse). Im gesamten Bildungssystem benötigen wir aber eine bessere Integration von digitalen Studiengängen in die sogenannten MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik).

Das Potential von künstlicher Intelligenz in der Dienstleistungsbranche und Automatisierung in der Industrie kann mit rein inkrementellen Innovationen nicht ausgeschöpft werden. Vielmehr müssen wir exponentielle Technologien gezielt nutzen, um digitale Geschäftsmodelle voran zu bringen. Wir brauchen Fachleute, die keine Angst vor Veränderung und Disruption haben.


Fazit

Schweizer KMU sehen die Zukunft positiv – sie sind agil, nachhaltig und divers aufgestellt. Allerdings müssen sie die Möglichkeiten von digitalen Innovationen gezielt nutzen und sich besser in offene Ökosysteme integrieren, um in einer komplexen und dynamischen Welt erfolgreich zu bleiben. Wenn wir relevantes Wissen gezielt einsetzen und Innovationen kommerzialisieren, werden wir Innovationsweltmeister bleiben.

Quellen und weiterführende Informationen: 

Ryf, S., Rieder, T., Dantlgraber, M., Fasnacht, D., & Fichter, C. (2021). New Horizons – wie blicken Schweizer Unternehmen in die Zukunft? Eine Studie des Swiss Economic Forum.

Fasnacht, D. (2020). Die Ökosystemstrategie. Zeitschrift für Führung + Organisation (ZFO), 3, 168-173.

Institut für Jungunternehmen (2021). Firmengründungen Schweiz 2020.

SBFI (2020). Forschung und Innovation in der Schweiz 2020.

Innosuisse (2021). NTN Innovation Booster Programm.

Fischer, P. (2021). SEF-Barometer 2021 zeigt: Firmenchefs sind erleichtert – kämpfen aber mit einem schwieriger gewordenen Umfeld. NZZ, 31. August.

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Die Kalaidos FH leistet einen wesentlichen Beitrag zum Fachkräftemangel und hat etliche Lehrgänge angepasst: digitale Wertschöpfungsstrategien, disruptive Geschäftsmodelle und Ökosysteme in der internationalen Geschäftsfeldentwicklung (M.Sc. FH in Business Management) oder Umsetzung der Digitalisierung ins Business (MAS FH in Digitalem und Innovativem Management), um nur einige Beispiele zu nennen.


Autor/in
Daniel Fasnacht

Dr. Daniel Fasnacht

Zum Profil
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MAS FH in Digitalem und Innovativem Management

Master of Advanced Studies (MAS)

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Master of Science FH in Business Administration mit Vertiefung in International Business Development

Master of Science/Arts (MSc/MA)

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