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«Das schönste für mich ist zu sehen, dass die Erkenntnisse aus meiner wissenschaftlichen Arbeit für die Praxis relevant und wertvoll sind.» (Philipa Dengler, Bild: Kalaidos FH)
Wie bleiben wir arbeitsmarktfähig – ein Leben lang? Und wie können Unternehmen ihre Angestellten unterstützen, arbeitsmarktfähig zu bleiben?

Philippa Dengler beschäftigt sich mit der Frage der lebenslangen Arbeitsmarktfähigkeit und der Bedeutung für den Schweizer Markt. Die Inhaberin und Geschäftsführerin der Conscha GmbH, einem Schweizer Beratungsunternehmen, arbeitet mit Organisationen zusammen, die bewusst integrative Kulturen schaffen wollen, in denen alle – egal welchen Alters – ihr Potential entfalten können. Philippa Dengler vereint über 20 Jahre Erfahrung im Bereich Change Management und hat kürzlich ihren Master of Science in Wirtschaftspsychologie an der Kalaidos FH erfolgreich abgeschlossen.

Ihre Abschlussarbeit wurde im Springer-Gabler-Verlag in der Schriftenreihe der Kalaidos Fachhochschule herausgebracht. Wir sprechen mit ihr über ihr Buch «Lifelong Employability: Thriving in an Ageing Society» (Dengler, 2019) und die Bedeutung von Arbeitsmarktfähigkeit – und was wir als Angestellte und Führungskräfte dafür tun können.

Was ist überhaupt Arbeitsmarktfähigkeit?

Arbeitsmarktfähigkeit ist die Fähigkeit, auf dem jeweiligen aktuellen Arbeitsmarkt eine passende Stelle zu bekommen und diese auch zu behalten. Dies bedingt den Aufbau und den Erhalt von Kompetenzen, Wissen und Fähigkeiten - aber auch vieles mehr. Bisher wurde das Wort Arbeitsmarktfähigkeit primär mit Personen assoziiert, die auf der Suche nach einer Stelle sind, also mit Arbeitslosen oder Studierenden nach der Ausbildung. 

Warum sprechen Sie von «lebenslanger» Arbeitsmarktfähigkeit?

Mit zunehmender Globalisierung, dem Einsatz von künstlicher Intelligenz und digitalen Geschäftsmodellen verändern sich die Anforderungen am Arbeitsplatz. Dazu kommt der demographische Wandel. Unsere Gesellschaft wird älter und viele Menschen können, möchten oder müssen länger arbeiten. Entsprechend müssen sich heute Menschen kontinuierlich um ihre Arbeitsmarktfähigkeit kümmern – eben lebenslang. 

Wird es schwieriger, mit zunehmender Alter die eigene Arbeitsmarktfähigkeit zu erhalten?

Genau das nehmen viele Leute an! Für meine Master-Arbeit habe ich eine empirische Studie durchgeführt, um herauszufinden, was Personen benötigen, um Ihre Arbeitsmarktfähigkeit zu erhalten. Ich führte bei der Bühler Group in der Schweiz qualitative Interviews durch, mit Mitarbeitenden im Alter zwischen 30 und 65, quer durch die ganze Organisation.

Mit der Theorie des geplanten Verhaltens (Ajzen, 2011) als Rahmenmodell habe ich untersucht, welche Einstellungen, Absichten und Verhaltensweisen die Mitarbeitenden in Bezug auf verschiedene Aspekte der Arbeitsmarktfähigkeit hatten, wie sie die sozialen Normen wahrnahmen und wie viel persönliche Kontrolle sie empfanden.

Interessanterweise unterstützt meine Analyse die häufig in den Medien vertretene Ansicht, es sei vor allem für über 50-Jährige schwieriger, arbeitsmarktfähig zu bleiben nicht. Die Ergebnisse zeigten keinen Zusammenhang zwischen der Bereitschaft und der Möglichkeit lebenslang erwerbsfähig zu bleiben und dem chronologischen Alter.

Wenn das Alter nicht relevant ist, was dann?

Zwei Faktoren zeigen sich als wichtig. Der erste Faktor ist das Bildungsniveau. Personen mit höherem Bildungsniveau sind tendenziell eher in der Lage, die Initiative zu ergreifen, um etwas für ihre Arbeitsmarktfähigkeit zu tun. Diese Personen sind durchschnittlich geübter im Umgang mit Computern und dem Internet, und sie verfügen tendenziell über mehr finanzielle Flexibilität und Freiheit.

Der zweite und viel wichtigere Faktor basiert auf der Dimension „Offenheit für Erfahrungen“ aus dem Big-Five-Persönlichkeitsmodell (McCrae & Costa, 1999). Menschen mit einem hohen Mass an Offenheit für Erfahrungen lassen sich weniger durch bestehende soziale Normen und Einstellungen einschränken und treten eher aus ihrer Komfortzone heraus, um sich im Rahmen der sechs untersuchten Aspekte der Beschäftigungsfähigkeit zu entwickeln. Dadurch haben sie einen direkten Einfluss darauf, wie beschäftigungsfähig sie sind und sein werden, wenn sie älter werden und sich ihre beruflichen Verhältnisse ändern.

Basierend auf diesen Erkenntnissen erstellte ich ein Modell, welches Personen nach der Offenheit für Erfahrungen und dem Bildungsniveau unterscheidet. Personen können entsprechend in die vier Kategorien «vorbereitet», «nicht vorbereitet», «befähigt» und «nicht befähigt» eingeteilt werden.

Modell Arbeitsmarktfähigkeit
Typologisches Modell der Arbeitsmarktfähigkeit (Dengler, 2019).

Was bedeuten diese Erkenntnisse für Unternehmen?

Mit dem Modell wird anschaulich, warum unternehmensweite Initiativen zur Arbeitsmarktfähigkeit oft nicht die Mitarbeitenden erreichen, die es am meisten nötig hätten – nämlich die Personen, die sich auf der linken Seite des Modells befinden. Diese Personen sind durch niedrige Offenheit für Erfahrungen entweder aktuell «nicht vorbereitet» oder «nicht befähigt» ihre Arbeitsmarkfähigkeit lebenslang zu erhalten.

Für Unternehmen gilt es, die sozialen Normen zu ändern und Personen mit niedriger Offenheit für neue Erfahrungen bewusst zu unterstützen, kleine, aber wichtige Schritte für die eigene lebenslange Arbeitsmarktfähigkeit zu machen.

Welches sind die wesentlichen Aspekte von lebenslanger Arbeitsmarktfähigkeit?

Oft wird Arbeitsmarktfähigkeit mit lebenslangem Lernen in Verbindung gebracht. Lebenslanges Lernen spielt ohne Zweifel eine wichtige Rolle. Aber das persönliche Energie- und Gesundheitsmanagement (Health), die Planung der Karriere über verschiedene Lebensphasen hinweg (Career Management), die eigene Haltung zum Älterwerden und die Erwartungen von anderen Personen (Age Diversity), Kollaboration und das Teilen und Nutzen von Wissen (Knowledge Management) sowie die Pflege verschiedener Netzwerke (Networking) sind alles relevante Faktoren, bei denen wir ansetzen können.

Aspekte Arbeitsmarktfähigkeit
Sechs Aspekte von lebenslanger Arbeitsmarktfähigkeit (Dengler, 2019).

Weiterführende Informationen und Quellen:

Dengler, P. (2019). Lifelong Employability: Thriving in an Ageing Society. Wiesbaden: Springer Gabler.

Ajzen, I. (2011). The theory of planned behavior. In P. A. M. van Lange, A. W. Kruglanski & T. Higgins (Eds.). Handbook of theories of social psychology (Vol. 1, pp. 438-459). London: SAGE.

McCrae, R. R., & Costa Jr., P. T. (1999). A five-factor theory of personality. In L. A. Pervin, & O. P. John (Eds.), Handbook of personality psychology (pp. 139-153). New York: Guilford.

 

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Erfahren Sie mehr über unsere Studiengänge in der Wirtschaftspsychologie an der Kalaidos FH.

Autor/in
Regula von Büren

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Philippa Dengler

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