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Warten per se ist noch nicht schlimm – solange der Kunde während der Wartezeit das Gefühl hat, dass für ihn gearbeitet wird. (Bild: Kalaidos FH)

In Zeiten der Digitalisierung sind wir es gewohnt, dass angeforderte Dienstleistungen per Knopfdruck sofort zur Verfügung stehen. Diese sofortige Befriedigung von Konsumentenwünschen gilt beispielsweise als zentraler Vorteil von Apples iTunes Store. Das gekaufte Produkt ist sofort bzw. nach einer kurzen Downloadzeit verfügbar. Müssen wir hingegen auf ein Produkt länger als gewohnt warten, droht die Kundenzufriedenheit rapide zu sinken. Als Konsequenz dieser Beschleunigung ächzt insbesondere die Dienstleistungsbranche unter dem immensen Druck, Kundenanfragen schnellstmöglich und 24/7 zu beantworten.
Aber gilt die Maxime „so schnell wie irgend möglich“ tatsächlich für alle Servicebereiche?

Eine Studie von Ryan Buell und Michael Norton (2011) von der Harvard Business School zeigt, dass dies nicht immer der Fall sein muss. Laut Buell und Norton ist Warten per se noch nicht schlimm – solange der Kunde während der Wartezeit das Gefühl hat, dass für ihn gearbeitet wird. Hierzu präsentierten sie ihren Studienteilnehmern verschiedene serviceorientierte Websites, beispielsweise Partnerbörsen oder Flugbuchungsplattformen. Auf diesen konnten die Teilnehmer nach günstigen Flügen und passenden Partnerinnen und Partnern suchen. Die eine Hälfte der Probanden bekam die Ergebnisse sofort präsentiert, der anderen Hälfte wurde suggeriert, dass ihre Anfrage mittels komplexer Algorithmen aufwändig berechnet wurde.

Das Erstaunliche: Bei den Ergebnissen zeigte sich, dass sich das Warten sogar positiv auf die bewertete Servicequalität auswirkte! Allerdings nur, wenn das Ergebnis (also die präsentierten Flugofferten oder die präsentierte PartnerIn) auch zufriedenstellend ausfiel. Wird nach langem Warten auf einer Datingsite eine unattraktive Person präsentiert, sehen wir nicht ein, dass wir für dieses unerfreuliche Ergebnis auch noch lange warten mussten.

Als Erklärung für dieses Phänomen geben Buell und Norton die „Arbeitsillusion“ („Labor Illusion“) an. Danach muss man Kunden lediglich transparent darstellen, weshalb etwas seine Zeit braucht, dann wirkt sich das Warten auch nicht negativ auf die Zufriedenheit aus (bis zu einem gewissen Grad natürlich). Diese Wartezeit muss dabei gar nicht dem tatsächlichen Aufwand entsprechend. Beispielsweise nutzen zahlreiche Flugvergleichsportale wie Opodo mittlerweile Animationen von Airline-Logos und Namen, welche während des Wartens eingeblendet werden, um zu suggerieren, dass gerade von dieser Airline (angeblich) ein Angebot eingeholt wird. Auch der transparente Tracking-Prozess zahlreicher Logistikunternehmen wie DHL lässt das Paket zwar nicht schneller ankommen – allerdings hat man stets das Gefühl, dass gerade an der Zustellung gearbeitet wird.

Umso erstaunlicher ist es, dass dieser psychologische Kniff in den meisten Fällen nicht bei der schlimmsten aller Wartezeiten eingesetzt wird: Der Warteschleife einer Support-Hotline. Statt Transparenz gibt es hier häufig schlechte Jingles und sich wiederholende automatische Ansagen. Dabei wäre es hier ein leichtes, die Kundenzufriedenheit durch ein wenig „Labor Illusion“ zu verbessern.

Weiterführende Informationen und Quellen:

Buell, Ryan W., and Michael I. Norton. "The Labor Illusion: How Operational Transparency Increases Perceived Value." Management Science 57, no. 9 (September 2011): 1564–1579.

Autor/in
Dr. Jörn-Basel

Prof. Dr. Jörn Basel

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