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Was machen Unternehmen, um ein attraktiver Arbeitgeber zu sein? Welche Rolle spielt die Wirtschaftspsychologie dabei? (Bild: Kalaidos FH)

Was machen Unternehmen, um ein attraktiver Arbeitgeber zu sein? Welche Rolle spielt die Wirtschaftspsychologie dabei? – Darum geht es in diesem Blogbeitrag.

Von den Besten lernen

Attraktive Arbeitgeber haben ein waches Auge darauf, was andere Firmen zur Steigerung ihrer Arbeitgeberattraktivität unternehmen – und lernen daraus. Drei Beispiele illustrieren dies:

• Die Firma UMB AG (ein führender Schweizer IT-Dienstleister) hat ihre fixen Budgets für Fortbildungen gestrichen – und die Mitarbeiter finden das auch noch gut! Wie ist das möglich? Nun, die Budgets wurden nicht ersatzlos gestrichen: Stattdessen wird jetzt das bezahlt, was nötig ist. Die Verantwortung dafür ist dorthin verlagert worden, wo sie hingehört, nämlich zu den Teamleitern. Klingt logisch, oder? Schliesslich ist ja der reale Fortbildungsbedarf nicht fix, also sollte auch das Budget dafür nicht fix sein. Sonst wäre das so, als wenn eine OP immer dann fertig ist, wenn die Parkuhr des Chirurgen abgelaufen ist.

• Bei der Rackspace International GmbH (ein führender internationaler Web-Hoster) dürfen Mitarbeitende 100 Stunden bezahlte Freiwilligenarbeit pro Jahr leisten, was nicht nur eine klare Haltung des Unternehmens zum Thema soziales Engagement ausdrückt, sondern Teil gelebter Firmenkultur ist. Mitarbeitende werden so inspiriert, machen wertvolle Erfahrungen weit ausserhalb des angestammten Arbeitsplatzes und stossen auf Probleme und deren Lösungen, die nicht nur sinnstiftend, sondern oft auch auf die eigene Situation transferierbar sind.

• Bei der JobCloud AG (das führende Jobportal der Schweiz) wetteifern Mitarbeitende sportlich mit der Geschäftsleitung. Das 2-Tages-Event ist ein Riesenspass für alle Beteiligten und schweisst zusammen.

Diese drei kleinen, aber feinen Beispiele zeigen: Wirtschaftspsychologen können solche Entscheidungen triggern – indem sie nämlich Best Practices (deren Übertragung bekanntlich äusserst schwierig ist) von einem Unternehmen in ein anderes transferieren.

Engagement ermöglichen

Die gute alte Mitarbeiterbefragung ist immer noch gut und bildet die Basis zur Steigerung der Arbeitgeberattraktivität – sofern sie gut gemacht ist! Denn sie bleibt wertlos, solange nicht bis auf Abteilungs- und Teamebene darstellbar ist, warum die einen Mitarbeitenden engagiert sind und andere nicht. Und wenn es dann Teams gibt, in denen der Haussegen schief hängt, dann sollte unvoreingenommen nach Ursachen gesucht werden. Nicht selten sind die Teamleiter Spielbälle von Unternehmensstrukturen, die einer dringenden Überprüfung bedürfen. Warum sollten sich die Mitarbeitenden für das Unternehmen engagieren, wenn sich das Unternehmen nicht auch für sie engagiert? Die Arbeitspsychologie und die Motivationspsychologie liefern hier die – eigentlich offensichtliche – Erklärung: Monetäre Anreize sind zwar gut, reichen aber nicht, um das Engagement der Mitarbeitenden auf hohem Level aufrecht zu erhalten. Das Engagement muss vielmehr gegenseitig sein!
Ausserdem Mitarbeitende, die Sinnhaftigkeit in ihrer Arbeit sehen, sich einbringen können und sich entwickeln können, liefern bessere Performance und bleiben ihrem Unternehmen eher treu. So ermöglicht man Engagement. Wenigstens zu diesem Punkt hat die Diskussion über die angeblich „ganz neuen Anforderungen“ der Generation Y und Generation Z etwas beigetragen. Unternehmen sind jetzt sensibler geworden und fokussieren mehr und mehr auf die nicht-monetären Anreize.
Auch diese Argumentation zeigt: Wirtschaftspsychologen kennen wissenschaftliche Erkenntnisse zu Engagement und übersetzen diese in die Unternehmensrealität.

Leadership hinterfragen

Wenn es um Arbeitgeberattraktivität geht, darf natürlich auch die Frage nach der Führung nicht fehlen. In den Top-Unternehmen wird Führung heute anders verstanden als in den Unternehmensrelikten mit ihrer «klassischen» Performance- und Karrierekultur. Der Aufbau und die Pflege einer exzellenten Führungskultur ist aber auch heute keine Selbstverständlichkeit, sondern Resultat konsequenter interner Arbeit – primär: Kulturarbeit. Die von Great Place to Work® ausgezeichneten Unternehmen haben in Punkto Kultur nachgewiesene Vorteile bei der Gewinnung neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter: Das motivierende und inspirierende Arbeitsklima, der Teamgeist «We are a family!», das Gefühl, mit allen an einem Strang in die gleiche Richtung zu ziehen. All diese Kulturaspekte kommen nicht von ungefähr – und lassen einen wertvollen Employer Brand entstehen. Entsprechend sind Egomanen und Einzelkämpfer nicht das, was die Top-Firmen suchen (erst recht nicht für ihre Führungspositionen). Auch eine gute Ausbildung, eine lange Liste von Fortbildungszertifikaten und Erfahrung reichen nicht, sondern der „Cultural Fit“ ist matchentscheidend, und damit eben die Persönlichkeit der Mitarbeitenden.
Auch hier: Wirtschaftspsychologen stellen Unternehmenskulturen auf den Prüfstand, ziehen Vergleiche, vermitteln Wissen nicht zuletzt zu adäquater/nachhaltiger Selektion und zeigen Entwicklungsmöglichkeiten auf.

Unternehmen denken nicht – Menschen schon

Wer macht sich Gedanken darüber, wie von den Besten gelernt werden kann, wie das Mitarbeiterengagement erhöht und Leadership hinterfragt wird? Es sind die Menschen in den Unternehmen: Das kann die Geschäftsführerin sein, der Verwaltungsrat, eine Task Force für Talent Management, eine Teamleiterin oder ein einzelner Programmierer. Und weil immer da, wo gedacht wird, Menschen eine Rolle spielen (zumindest vorläufig noch), kommt die Wirtschaftspsychologie ins Spiel. Entscheider in Unternehmen auf dem Weg zu maximaler Arbeitgeberattraktivität heraus aus ihrer Denk-Komfortzone zu holen und mit kritischen Fragen zu konfrontieren, überkommene Denkmuster zu hinterfragen, gleichzeitig aber auch Mut zu machen: All das geht mit Wirtschaftspsychologie, von Mensch zu Mensch – und es ist eine der anstrengendsten, aber gleichzeitig schönsten Aufgaben von Wirtschaftspsychologen.

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