Aus der Praxis: Philip Kobel (Edelweiss Air) im Interview
Annette Rath
In unserer Interviewreihe portraitieren wir diesmal Philip Kobel von Edelweiss Air. Philip Kobel ist seit 2009 bei Edelweiss Air als Manager Outstations & Commercial Airport Relations tätig. In seiner Funktion arbeitet er 60% administrativ und verhandelt Verträge mit Ground Handling Firmen in Afrika, Asien und dem nördlichen Europa. Die restlichen 40% ist er als Einsatzleiter in der Einsatzleitstelle der Schweizer Ferienfluggesellschaft tätig. Philip Kobel blickt auf eine rund 15-jährige Erfahrung in der Aviation Branche zurück, besitzt einen Abschluss als eidg. dipl. Tourismusfachmann HF sowie einen Bachelor of Science (BSc) in Business Administration mit Vertiefung in Wirtschaftspsychologie. Lesen Sie im folgenden Interview wie er sein wirtschaftspsychologisches Wissen im Arbeitsalltag einsetzt.
Was machen Sie seit Ihrem Studium der Wirtschaftspsychologie anders?
Ich hinterfrage – bewusst oder unbewusst – häufiger Verhaltensweisen und Entscheidungen in meinem täglichen Arbeitsalltag. Was lösen etwa Geschäftsentscheide oder eine bestimmte Art von Kommunikation bei den Mitarbeitenden aus? Seit dem Studium achte ich auch vielmehr darauf, wie ich durch mein persönliches Verhalten dazu beitragen kann, Reaktionen im „daily business“ positiv zu beeinflussen. Das Studium gibt mir das Wissen und die Sensibilität für einen wirtschaftspsychologisch erweiterten Horizont.
Warum haben Sie sich entschlossen Wirtschaftspsychologie zu studieren?
Das Fachgebiet war mir neu, erschien mir sehr zukunftsorientiert und damit am besten geeignet meinen Background zu erweitern. Oder ganz einfach gesagt, diese Vertiefungsrichtung war die Interessanteste von allen Angebotenen.
Worin sehen Sie den Mehrwert von Wirtschaftspsychologie für Unternehmen?
Durch den Einsatz wirtschaftspsychologischer Kenntnisse können Prozesse, Methoden und zwischenmenschliches Vorgehen positiv beeinflusst und im besten Fall optimiert werden, da die Wirtschaftspsychologie den Horizont erweitert und zur Reflexion anregt. Verbesserungen sind für Geschäftsleitungen vielleicht nicht sofort sichtbar, langfristig jedoch mit Sicherheit.
Wie setzen Sie Ihr Know-how in Wirtschaftspsychologie konkret ein? Oder anders gefragt: Wie integrieren Sie Inhalte, Methoden und Erkenntnisse aus Ihrem Studium in die Arbeit?
Ich stelle mir bewusst die Frage: Welche Reaktion löst mein Vorgehen bei meinem Geschäftspartner aus? Da ich auch für Vertragsverhandlungen zuständig bin, ist dies die wichtigste Frage, die ich mir selber stellen kann. Dank meines Studiums kann ich diese Frage meistens beantworten und die Verhandlung entsprechend aktiv gestalten.
Wie sieht ein typischer Arbeitstag von Ihnen aus?
Ich habe keinen typischen Arbeitsalltag. Ich arbeite ca. 40 % im operationellen Bereich d. h. im Schichtbetrieb mit unregelmässigen Arbeitszeiten und ca. 60% administrativ. In der Airline Welt kann jeder Tag anders sein, weil gerade diese Branche enorm von äusseren Einflüssen abhängig ist. Faktoren wie politische Unruhen, Wetterverhältnisse, die wirtschaftliche Lage oder auch ausländischen Konkurrenzdruck spüren wir unmittelbar.
Ressourcen einmal vorausgesetzt: Mit welchem Thema / Fragestellung würden Sie sich beruflich gerne einmal beschäftigen bzw. welches Thema möchten Sie vorantreiben?
Mittelfristig würden mich die Prozesse beim Kaufentscheid für ein Flugticket interessieren: Welche psychologischen und wirtschaftliche Faktoren spielen bei der Kaufentscheidung unserer Fluggäste eine Rolle?
Wo sehen Sie aktuell die grösste Herausforderung in Ihrem Arbeitsfeld?
Die Herausforderungen sind (und waren schon immer) in der Airline Branche sehr vielfältig und umfangreich. Die grösste und somit zentrale Herausforderung ist, als Schweizer Airlines mit Schweizer Kosten in einem globalisierten Markt mit rasant wechselnden Anspruchsgruppen und Anforderungen auch langfristig zu bestehen.
Haben Sie Tipps für unsere Studierenden der Wirtschaftspsychologie?
Lassen Sie sich auf alle Themen ein, die Bedeutung mancher wird erst später im grösseren Zusammenhang klar. Hinterfragen Sie alles und nehmen Sie nichts für selbstverständlich, die Anwendung in Ihrer Praxis erfolgt nicht streng „nach Lehrbuch“.
Wir danken Philip Kobel für das Gespräch.