Zivilrecht: Vorgaben der Familienstiftung Zivilrecht: Vorgaben der Familienstiftung
Schweizer/innen sind bei der Gründung von Familienstiftungen eingeschränkt (Symbolbild)

Es ist hinlänglich bekannt, dass in der Schweiz Familienstiftungen im Gegensatz zu gemeinnützigen Stiftungen, welche aufgrund der sicheren politischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Strukturen in der Schweiz nach wie vor zahlreich gegründet werden, aufgrund der engen Zweckumschreibung sowie der steuerlichen Nachteile nicht wirklich attraktiv sind.

Viele Familienstiftungen stammen aus einer Zeit, in welcher es noch keine Bundesgesetzgebung gab. Zudem fehlen verlässliche Angaben zur Zahl der existierenden Familienstiftungen, da bis vor Ende 2015 keine Pflicht bestand Familienstiftungen ins Handelsregister einzutragen (Art. 52 Abs. 2 ZGB a.F.).

Familienstiftung gemäss ZGB

Grundsätzlich ist für Familienstiftungen das allgemeine Stiftungsrecht gemäss Art. 80 bis 89 ZGB anwendbar. Jedoch sieht das schweizerische Zivilrecht für die Zwecksetzung von Familienstiftungen bedeutende Beschränkungen vor.

Begrifflich unterscheiden sich Familienstiftungen von den übrigen Stiftungen durch ihren auf die Familie beschränkten Zweck: ihr Destinatärkreis beschränkt sich auf einen bestimmten Familienverband.

Die Grenze des erlaubten Zwecks wird einerseits durch Art. 335 Abs. 1 ZGB positiv und abschliessend geregelt, indem es die zulässigen Zwecke aufzählt. Es dürfen lediglich Leistungen für die Bereitstellung folgender Kosten ausgerichtet werden:

  1. Für die Erziehung von Familienangehörigen,
  2. Für die Ausstattung von Familienangehörigen,
  3. Für die Unterstützung von Familienangehörigen oder zu ähnlichen Zwecken.

Verbot von Familienfideikommissen

Andererseits wird negativ in Abs. 2 derselben Bestimmung die Errichtung von Familienfideikommissen verboten. Ein Familienfideikommiss ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts ein Vermögenskomplex, welcher durch Privatdisposition unveräusserlich mit einer Familie verbunden und zum Genuss der Familienglieder nach festgesetzter Sukzessionsordnung bestimmt ist. Der Nutzungsberechtigte kann das Vermögen voraussetzungslos nutzen, welches nach seinem Tod dem Rechtsnachfolger innerhalb der Familie, üblicherweise dem Erstgeborenen, übertragen wird.

Unzulässigkeit und Folgen einer zweckwidrigen Familienstiftung

In der Praxis ist eine Familienstiftung, die sich nicht auf die in Art. 335 Abs. 1 ZGB aufgelisteten Zwecke beschränkt, sondern vielmehr die Bestreitung des Lebensunterhalts einer Familie oder einzelner Familienangehörigen bezweckt, unzulässig. Eine solche Stiftung ist gemäss Rechtsprechung als sog. reine Unterhalts- oder Genussstiftung ausgestaltet, da sie wie bereits erwähnt zur voraussetzungslosen Bestreitung des allgemeinen Lebensunterhalts einer Familie oder einzelner ihrer Angehörigen dient. Eine Stiftung in dieser Ausgestaltung verstösst gemäss Art. 335 Abs. 2 ZGB gegen das Verbot der Errichtung von Familienfideikommissen.

Zudem sind Familienstiftungen, die nur Familienmitglieder als Begünstigte bezeichnen und keine bestimmte Zweckverfolgung haben, ebenfalls unzulässig. Dies aufgrund der Überlegung, dass eine dauerhafte Bindung des Vermögens an eine Familie nur gerechtfertigt erscheint, wenn damit ein idealer und fürsorglicher Zweck verbunden ist. Mit der Ausgestaltung des Zwecks in Art. 335 Abs. 1 ZGB als ideal und wohltätig wollte man verhindern, dass eine Familienstiftung sich an ein unzulässiges Familienfideikommiss angleicht.

Grundsätzlich ist eine Unterhalts-, Genuss- oder ansonsten als zweckwidrig und somit unzulässig zu qualifizierende Familienstiftung i.d.R. nichtig. Allenfalls kann sie auch bloss teilnichtig sein, wenn nur Teile zu beanstanden sind oder sie kann durch Konversion in eine klassische Stiftung gerettet werden. Eine Familienstiftung, die einen statutenmässig unzulässigen Zweck verfolgt, erlangt keine Rechtspersönlichkeit, weil ihr Zweck ursprünglich widerrechtlich ist. Eine solche Stiftung ist gemäss Art. 52 Abs. 3 ZGB i.V.m. Art 20 Abs. 2 OR und Art. 7 ZGB als nichtig anzusehen. Wurde die Familienstiftung jedoch formell rechtsgültig errichtet so ist sie als juristische Person mit eigener Rechtspersönlichkeit existent. In diesem Fall muss der Zivilrichter die Stiftung formell für nichtig erklären (Art. 88 Abs. 2 ZGB und Art. 89 ZGB analog). Zur Klage berechtigt ist gemäss Art. 89 Abs. 1 ZGB grundsätzlich jedermann der ein Interesse hat.

Kritik an der Zweckbeschränkung

Die Zweckbeschränkung der schweizerischen Familienstiftungen stellt einen bedeutenden Schwachpunkt dar. Die Limitierung der Ausgestaltung einer Familienstiftung in der Schweiz auf die gesetzlich verankerten Zwecke, welche eine Bedürfnissituation oder gar eine Notlage voraussetzen, ist restriktiv und in der heutigen Zeit überholt.

Die ursprüngliche Funktion einer Familienstiftung, namentlich die Unterstützung im Sinne eines sozialen und fürsorglichen familieninternen Auffangnetzes, entspricht nicht der heutigen Gesellschaft, da mit dem heute existierenden Sozialsystem (wenig) Bedarf für Familienstiftungen mit einem eingeschränktem Zweck gemäss Art. 335 ZGB besteht. Zudem entsteht dadurch auch die widersprüchliche Situation, dass ein Stifter zwar familienfremde Personen voraussetzungslos unterstützen kann, nicht aber seine eigene Familie.

Eine vernünftige Nachlassplanung wird mit dieser Beschränkung ebenfalls praktisch verunmöglicht.

Problemkreise und Fragen zur Familienstiftung

Im Rahmen einer Masterarbeit an der Kalaidos FH / SIST- Schweizerisches Institut für Steuerrecht zur Erlangung des akademischen Grades „MAS FH in Swiss and International Taxation / LL.M.“ wurden die steuerlichen Aspekte der Familienstiftung in der Schweiz und in Lichtenstein unter besonderer Berücksichtigung des Doppelbesteuerungsabkommens Schweiz-Lichtenstein erörtert.

In einem weiteren Blogbeitrag gehen wir auf die liechtensteinische Familienstiftung und deren Besteuerung in der Schweiz ein.

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Weiterführende Literaturhinweise und Quellenangaben:

BETSCHART PHILIPP, Die Besteuerung der liechtensteinischen Familienstiftung – dargestellt anhand der Zürcher Praxis, successio 4 (2008) 321 ff.
BGer 10.7.1982 und BGE 108 II 393
GRÜNINGER HAROLD in: HONSELL HEINRICH/VOGT NEDIM PETER/GEISER THOMAS HRSG., Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch I Art. 1 – 456 ZGB, 4. Auflage, Zürich und St. Gallen 2010.
HAMM MICHAEL/PETERS STEFANIE, Die schweizerische Familienstiftung – ein Auslaufmodell?, successio 3/2008 248ff.
VON LÖWE CHRISTIAN DR., Familienstiftung und Nachfolgegestaltung, 2. Auflage, München 2016.
FRÖHLICH PETER, Die kontrollierte Stiftung – Rechtssicherheit und Realität, StR 4 (2017) 272 ff.

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