Amtshilfe: Unklarheiten trotz umfassender Normen Amtshilfe: Unklarheiten trotz umfassender Normen
Es bestehen weiterhin Unklarheiten im Bereich Amtshilfe (Symbolbild)

Es ist immer wieder erstaunlich, dass trotz der teilweise ausführlichen Regelungen in Doppelbesteuerungsabkommen (DBA), den dazugehörigen Verordnungen und Verständigungsvereinbarungen sowie dem Steueramtshilfegesetz (StAhiG) im Bereich Amtshilfe nach wie vor diverse Unklarheiten bestehen. Oft zeigt sich dabei, dass den Gerichten und Behörden ein teilweise (unerwartet) grosser Ermessensspielraum zukommt. Auch der Rechtscharakter und die Bindungswirkung von und die Anforderungen an Verständigungsvereinbarungen sind unklar.

Wie umgehen mit Amtshilfeersuchen, die auf gestohlenen Daten beruhen?

Ein Beispiel für eine sich in Entwicklung befindliche Frage ist, wie mit einem Amtshilfeersuchen umzugehen ist, das auf gestohlenen Daten beruht. Ursprünglich wurde eine Amtshilfe verneint, wenn der Datenbeschaffung eine Straftat zugrunde lag, die in beiden DBA Staaten strafbar war. Mit einem Urteil vom letzten Jahr hat das Bundesgericht (BGer) entschieden, dass der Deliktsort zwingend in der Schweiz liegen muss, damit das Ersuchen als gegen Treu und Glauben verstossend abgewiesen werden könne (BGer 2C_1000/2015 vom 16. März 2017). Demgegenüber ist nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung ein Ersuchen zulässig, wenn der Datendiebstahl im Ausland stattgefunden hat (BGer 2C_893/2015 vom 16. Februar 2017). Noch nicht entschieden und damit unklar ist die Frage, wie mit Anfragen umzugehen ist, wenn die Daten zwar aus einem Delikt in der Schweiz stammen, der ersuchende Staat diese aber nicht vom Dieb selber, sondern mittels eines Amtshilfeersuchens an den Staat, der die Daten beim Delinquenten erworben hat, erhalten hat.

Zulässiges Amtshilfeersuchen oder unzulässige „Fishing Expedition“?

Auch die Frage, ob es sich um ein zulässiges Amtshilfeersuchen oder um eine unzulässige "Fishing Expedition" handelt, ist immer wieder Gegenstand von Entscheiden und birgt offensichtlich Ermessensspielraum. So wird vom BGer verlangt, dass der ersuchende Staat die voraussichtliche Erheblichkeit der ersuchten Informationen bei einem Ersuchen ohne Namensnennung anhand konkreter Ansatzpunkte darlegt. Das BGer bejahte dies in einem Fall, wo Norwegen als ersuchender Staat die Kreditkartennummern, die Herausgeber der Karten sowie die in Norwegen vorgenommenen Transaktionen darlegen konnte. Gemäss Gericht kann davon ausgegangen werden, dass in Norwegen steuerpflichtige Personen betroffen waren, die ihren steuerlichen Pflichten nicht vollständig nachkommen und die von der ersuchenden Behörde gelieferten Informationen dabei helfen würden, dies sicherzustellen. Das BGer verneinte eine unzulässige Beweisausforschung (BGer 2C_643/2016 vom 1. September 2017) und bestätigte durch diesen Entscheid seine Rechtsprechung (BGE 143 II 136), wonach die Hürden zur Annahme einer "Fishing Expedition" hoch sind. Wo sich die Grenze nun genau befindet, bleibt weiterhin unklar.

Weitere Unklarheiten

Auch immer wieder Anlass zu Meinungsverschiedenheiten zwischen den Betroffenen und der ersuchten Behörde gibt erstaunlicherweise die Frage, auf welche Jahre eine Amtshilfeklausel anwendbar ist, teilweise selbst dann, wenn eine Verständigungsvereinbarung vorliegt.

Auch birgt das seit Jahren bestehende Spezialitätsprinzip Unklarheiten. Umstritten ist diesbezüglich, ob im Rahmen einer Amtshilfe erlangte Daten gegenüber Dritten ausserhalb eines Steuerverfahrens verwendet werden dürfen.

Es ist deshalb mit weiteren Urteilen im Bereich der Amtshilfe zu rechnen, auch wenn deren Häufigkeit in einigen Jahren aufgrund des nun mit diversen Ländern umgesetzten automatischen Informationsaustausches abnehmen wird.

Facebook Twitter Xing LinkedIn WhatsApp E-Mail