Digitalisierung als reine IT-Herausforderung?
Katharina Berger
Wenn man heute über das Thema Digitalisierung und Agilität spricht, hört man im Regelfall viel über Umsetzung von Produkten und Services in Softwarelösungen unter Nutzung von neuesten Technologien wie zum Beispiel viel über Blockchain, Cyberwährungen, Virtual Reality, künstlicher Intelligenz und Internet der Dinge. Jedes Unternehmen möchte durch neue Technologien auch neue Innovationen schaffen.
Hierbei wird auf kleine Entwicklungspackages, die Minimal Viable Products – kurz MVPs genannt – und kleine agile Teams gesetzt, um die Lieferung neuer Software zu beschleunigen. Aber was macht hier eigentlich den grossen Unterschied zu unserer bisherigen Arbeitsweise?
Ist Digitalisierung wirklich neu?
Der Begriff der Digitalisierung bezeichnet im ursprünglichen Sinne das Umwandeln von analogen Werten in digitale Formate. Es wird angenommen, dass es der Menschheit im Jahr 2002 zum ersten Mal möglich war, mehr Information digital als analog zu speichern. Nach Schätzungen waren 2007 bereits 94 % der weltweiten technologischen Informationskapazitäten digital.
Da stellt sich doch die Frage… Was ist denn daran so neu?
Überleben in VUCA (Volatility, Uncertainty, Complexity und Ambuguity) Zeiten
- Während es sich in der Vergangenheit darum handelte, die unternehmensinternen Prozesse effizienter, kostengünstiger und schneller zu machen, um am Markt zu konkurrieren, sind die hieraus entstandenen Projekte und Systeme, aber auch die daraus resultierenden Herausforderungen, immer komplexer geworden.
- Zudem hat die Verfügbarkeit des Internets neue Player auf den Markt gebracht. Heute können Unternehmen aus aller Welt – unabhängig von der Grösse – mit unseren Kunden in Kontakt treten und ihre Produkte und Services anbieten.
- Gleichzeitig stellt die Geschwindigkeit des technologischen Wandels die Unternehmen vor grosse Herausforderungen, wenn sie hier Schritt halten wollen.
All dies lässt sich unter dem Begriff „VUCA“ (Volatility, Uncertainty, Complexity und Ambuguity) zusammenfassen und konsolidiert damit einen Grossteil der Herausforderungen unserer Zeit in einem Begriff.
Neue Herausforderungen im Zeitalter des Kunden
Die zweite Herausforderung liegt im Bereich der Kundenbeziehung. In der heutigen Zeit hat der Kunde jederzeit und überall die Möglichkeit, Informationen über Produkte und Services in Realtime zu erhalten und aus diesen zu wählen. Dies macht ihn zu einem Entscheider über den Erfolg des Unternehmens.
1. Unternehmen müssen ihren Kunden kennen. Damit kommt der Qualität der vorhandenen Kundendaten hohe Bedeutung zu.
2. Produkte und Services müssen für den Kunden relevant sein, um deren Aufmerksamkeit zu wecken und ihn auf seinen bevorzugten Kanälen erreichen.
3. Heute werden keine Produkte verkauft, sondern Erlebnisse.
Hier stellt sich die Frage:
Was ist Agilität und zu welchem Zweck wird sie eingesetzt?
Oft wird Agilität mit kleineren Softwarepackages und schnellerer Lieferung gleichgesetzt; aber geht es hier denn darum, ein Rennen zu gewinnen? Sicherlich ist diese Hoffnung verständlich, denn insbesondere bestehende Unternehmen haben in der Digitalisierung und der User Experience noch viel aufzuholen.
Welche Werte stehen sich zwischen neuer Welt und alter Welt gegenüber?
Damit wird deutlich, dass es hier um ganz andere Schwerpunkte als nur Schnelligkeit geht.
Schwerpunkt der Digitalisierung ist eine neue Arbeitskultur, die eine Demokratisierung der Arbeit mit sich bringt. Die Herausforderung besteht in einer neuen Unternehmenskultur, die es kleinen Teams ermöglicht, an komplexen Themen eigenverantwortlich und flexibel zu arbeiten.
Wichtig ist hierbei,
- dass diese Teams einen direkten Kundenkontakt aufbauen können, um kurze Wege zur Informationsgewinnung zu ermöglichen.
- Um im Zeitalter des Kunden gute Ergebnisse zu erzielen, müssen Skills wie Kommunikation, Interaktion und Reflektion weiterentwickelt werden.
- Es muss den Teams ermöglicht werden, mit neuen Ideen zu experimentieren und daraus neue Schlüsse zu erzielen und damit eine Beziehung zum Erfolg oder Misserfolg ihres Produktes aufzubauen.
- Manager müssen in die Rolle eines Facilitators bzw. Coaches ihrer Teams wechseln und deren Entscheidungskompetenz stärken und entwickeln, statt selbst zu entscheiden.
Eine umfangreiche und revolutionäre Änderung der Unternehmenskultur ist die Folge. Stellt das die eigentliche Herausforderung der Digitalisierung da?