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Netzwerke verbinden, können jedoch auch zum Stabilitätsrisiko werden (Symbolbild)

Die Netzwerkfähigkeit wird derzeit als wichtige Voraussetzung für die Zukunft der Finanzdienstleistungsbranche angesehen. Allerdings gibt es dazu auch kritische Stimmen, die durchaus Gewicht haben. So publizierte die Zeitschrift „Nature Communications“ im Februar 2017 unter dem Titel „Pathways towards instability in financial networks“ einen Beitrag von Marco Bardoscia, Stefano Battiston, Fabio Caccioli, und Guido Caldarelli. Darin zeigen die Autoren, warum die aktuelle Stabilitätspolitik zu einer grösseren Instabilität des Bankensystems beiträgt.

Die aktuellen Bemühungen der Regulatoren lassen durch Marktintegration und Diversifizierung (Stichwort: „Vereinheitlichung von Risikomessmethoden“) Netzwerke entstehen, deren einzelne Teilnehmer wohl stabil sind. Im Verbund aber resultiert eine grössere, systemische Instabilität. Dieses Ergebnis ist angesichts des heutigen Mainstreams hinsichtlich der makroökonomischen Ebene als eher überraschend anzusehen. Die Austauschbarkeit der Parameter „Marktintegration und Diversifizierung“ lässt meiner Meinung nach den Schluss zu, die Erkenntnisse der Studie könnten angesichts der Propagierung von Netzwerk-Orientierung in der Organisationslehre auch auf mikroökonomischer Ebene eine gewisse Gültigkeit erlangen.

Für die Instabilität von Netzwerken gelten dem erwähnten Beitrag zufolge diese Bedingungen: „In general, the system is unstable if and only if there exists an unstable strongly connected component (that is, a directed subgraph in which each node is reachable indirectly by any other) […] when banks establish contracts among each other without taking into account what their counterparties do, they will eventually become even unintentionally part of multiple cycles of contracts, which altogether amplify the effects of shocks. “

Die grundlegende Erkenntnis lässt sich meiner Ansicht nach auch auf jene netzwerkartig gestalteten Organisationsstrukturen anwenden, welche in der Literatur immer wieder als zukunftsfähigste Organisationsform propagiert werden. Die obigen „contracts among each other“ wären dann analog die Service Level-Agreements. Das bedeutet aber, dass eine starke oder sogar vollständige Vernetzung über Prozesse und Hierarchien der verschiedenen Divisionen, Abteilungen bis hin zu den einzelnen Mitarbeitenden hinweg zu mehr Instabilität führt. Je dichter die Vernetzung und je mehr Knotenpunkte es gibt, umso instabiler wäre die gesamte Organisation.

Ein weiteres Element der Instabilität ist zudem, dass einzelne Netzwerkknoten innerhalb einer Organisation Anknüpfungspunkte externer Netzwerke darstellen. Das heisst, dass die makroökonomischen Faktoren einerseits die Instabilität der mikroökonomischen Netzwerke verstärken und gleichzeitig von diesen mitverursacht werden. Mit ihren Erkenntnissen widersprechen die Autoren den impliziten Prämissen der aktuellen Mainstream-Ökonomie. Eine Übertragung dieser Erkenntnisse auf die Organisationsstruktur von Banken fordert den in Fachkreisen stark propagierten Trend zu immer stärker netzwerkartig strukturierten Organisationsformen meiner Auffassung nach recht deutlich heraus. Jedoch wären hierzu weitergehende Untersuchungen nötig.

Allerdings enthält der “Nature Communications”-Beitrag auch Hinweise, wie man die sich ausbreitende Instabilität zumindest abschwächen könnte: „Typically, since relationships between banks might differ from channel to channel, one would construct a multilayered network with as many layers as the number of channels of contagion. All the layers would be coupled by a single dynamics whose stability could be studied. However, multi-layered networks often exhibit less resilience than single-layered networks […] “

Fazit: Es zeigt sich, dass eine netzwerkartige Organisationsstruktur, welche sich nicht auch noch über die verschiedenen Organisationsebenen hinweg vernetzt, weniger instabil ist als eine solche, die dieses tut.

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