Teamdiversität im kompetitiven Umfeld

Als Führungspersonen wünschen wir uns, dass Mitarbeitende die Wichtigkeit von Teamwork erkennen und verstehen, dass unterschiedliche Rollen letztlich einen Mehrwert bieten. Wir hoffen, dass diese Einsicht zu einer gerechten Verteilung der Rollen, getragen vom gegenseitigen Respekt, führt. So viel zur Theorie. In einem kompetitiven Umfeld wie im Versicherungsvertrieb, wo jede:r danach strebt, die besten Zahlen zu liefern, weil das persönliche Gehalt oder zumindest der Bonus davon beeinflusst wird, ist diese Theorie nicht immer ganz einfach umzusetzen. Es gibt eine Fülle von Aufgaben und Rollen, die dem Team zugutekommen, doch die eigenen Zahlen nicht direkt positiv beeinflussen und in der Folge unbeliebt sind. Fabian Haas ist im Rahmen eines Transfernachweises im CAS FH in Leading with Impact* der Frage nachgegangen, wie man als Führungsperson mehr Verständnis für unterschiedliche Rollen im Team schaffen kann, so dass die Personen, die die Rollen übernehmen, auch entsprechenden Respekt dafür erfahren.

Teamaufgaben und Fähigkeiten

Bereits 1969 forschte Meredith Belbin über erfolgreiche Zusammenarbeit in Teams. Sein Teamrolleninventar ist bis heute aktuell. Das Wahrnehmen einer Rolle ist mit verschiedenen Aufgaben verknüpft, diese wiederum erfordern verschiedene Fähigkeiten, um erfolgreich zu sein. Dass ein:e Mitarbeiter:in alle geforderten Fähigkeiten vereint, um die unterschiedlichen Aufgaben erfolgreich zu bewältigen, ist sehr unwahrscheinlich. Der Weg aus diesem Dilemma liegt in der Teamdiversität, also Teammitglieder mit unterschiedlichen Fähigkeiten und Rollen. (Israel, 2013, S. 133-144)

Betrachtet man diese Theorie am Beispiel einer Versicherungsagentur, so wird deutlich, dass es verschiedene Tätigkeiten im Hintergrund braucht, damit das Tagesgeschäft, wie das Erstellen von Offerten, die Kundenberatung und -betreuung sowie natürlich das Abschliessen von Verträgen, erfolgreich sein kann. Immer wieder müssen beispielsweise Unterlagen aktualisiert oder neue Vorlagen gestaltet werden (Erstellen von Hilfsmitteln) als Ergebnis von Verbesserungsideen oder um neue Produkte abzubilden, die meist in Projekten entwickelt werden. Darüber hinaus muss der Wissenstransfer stattfinden, nicht nur im Rahmen von Einarbeitungsprozessen.

Team-Rollen im Fussball und ihre Besetzung im Versicherungsumfeld

Die Diskussion von Rollen im Team und damit verbundenen Aufgaben löst wohl kaum grosse Vorfreude auf das nächste Teammeeting aus. Methaphern sind deshalb gut geeignet, um sperrige Themen leichter zu diskutieren, denn durch den Wechsel des Kontextes rückt es etwas weg vom aktuellen Befinden. Mit Hilfe einer Fussballmetapher lässt sich so mehr Verständnis für die verschiedenen Rollen erzielen: Auch wenn man selbst kein grosser Fan ist, Fussball und die grundlegenden Rollen sowie deren Aufgaben kennen die meisten. Darüber hinaus besteht auch «Common Sense», dass die Besetzung dieser Rollen in jedem Fussballteam sinnvoll ist, unabhängig davon, in welcher Liga man spielt. Diese Einsicht lässt sich in die Versicherungswelt übertragen (siehe Abb. 2).

In einer Teamdiskussion wird mittels dieser Analogie schnell deutlich, dass nicht alle nur Tore schiessen können, sondern dass das Erfolg der Stürmer:innen auch davon abhängt, wie gut die anderen Rollen besetzt sind und das Zusammenspiel funktioniert.

Fazit

Natürlich ist allein mit der Erläuterung und dem Verständnis der Fussballanalogie noch kein Teamentwicklungsprozess erfolgt und auch keine Rolle explizit erklärt und noch keine Person gefunden, die freiwillig unliebsame Rollen übernimmt. Und doch kann das Vorgehen als Türöffner genutzt werden, um die Wertschätzung der unterschiedlichen Rollen und damit verbundenen Aufgaben (innerhalb des Teams und auch als Führungskraft) zu thematisieren und zu diskutieren. Es kann besprochen werden, wie das Zusammenspiel der unterschiedlichen Rollen und Aufgaben sichergestellt, verbessert und/oder effizienter genutzt werden kann. Es kann eine Diskussion entstehen, ob überhaupt im Team alle notwendigen Fähigkeiten vorhanden sind und sich diese Personen bewusst sind, auf welche Rollen diese einzahlen. So können Einsichten wachsen und verschiedene Erwartungen offen diskutiert werden, ohne dass sich einzelne zurückgesetzt oder angegriffen fühlen. Im Ergebnis wird Diversität nicht mehr als störend, sondern als sinnvoll angenommen und das nicht nur in vertriebsorientierten Branchen einer Versicherung, sondern auch in anderen Teams.

Quellen und weiterführende Informationen

Israel, S. (2013). Wie kann aus einem losen Bündel Individualisten ein Dream-Team werden? Positive Psychologie im Beruf. In T. Johann, & T. Möller, Freude an Leistung entwickeln, fördern und umsetzen (S. 133 ff.). Wiesbaden: Springer Fachmedien.

Winkelbauer, W. (2021). Fussball System 4-2-3-1. Sportlexikon.com.

*Der CAS FH in Leading with Impact wurde umbenannt und heisst
neu CAS FH in Leadership Advanced Compact.