Wie lässt sich durch Führung Wirkung erzielen? Ein Entwicklungsprozess in 6 Schritten
Sibylle Brock, Dolores Arias
Wir werden immer wieder von unseren Studierenden und Auftraggeber/innen im Firmenkundengeschäft gefragt, wie man als Führungsperson seine Wirkung verbessern könne, was denn in der Führung wirklich wichtig sei und ob es etwas Übergreifendes zu beachten gebe. Wir haben uns deshalb auf den Weg gemacht und mit Hilfe der Design-Thinking-Methode einen Prototyp entwickelt, der Führungskräften helfen soll, sich zu orientieren. Das Ergebnis ist ein Modell und eine Guideline, die hilft, wirksam zu werden als Führungsperson. Und wir sprechen hier bewusst von Prototyp, weil wir überzeugt sind, dass persönliche Orientierung immer aus einer Diskussion heraus entsteht und auf eine solche freuen wir uns.
Auf der Suche nach Orientierung
Die Welt in der wir leben, hat sich grundlegend verändert, nicht erst seit VUCA oder Covid über uns hereingebrochen ist. Vor 30 Jahren war noch glasklar, wer zum eigenen Team gehört, heute sind nicht nur in den meisten IT- oder auch Marketingabteilungen fast mehr Mitarbeitende extern als intern beschäftigt. Früher konnte man noch mit der Autorität seines Amtes oder seines Titels Menschen dazu bewegen zu folgen, heute werden "Influencer" engagiert. Früher wusste man, wofür man zuständig war, heute hat man viele verschiedene Hüte auf oder man wird zum People Developer befördert und hat keine fachliche Verantwortung mehr.
Deshalb ist es nicht verwunderlich, wenn die Menschen, von denen wir als Mitarbeitende Orientierung erwarten, auch Orientierung für sich selbst suchen. Von heutigen Führungspersonen wird erwartet, dass sie auch über Systemgrenzen hinweg gestalten, die Menschen darin mitnehmen und so führen, dass diese gesund und langfristig leistungsfähig bleiben. Darüber hinaus sollten sie auch selbst auf hohem Level performen und die berühmte Extra-Meile gehen sowie gleichzeitig Innovationen vorantreiben. Aber wie ist das alles zu schaffen?
Mit Design Thinking einen Mehrwert für die Kunden schaffen
Ein Führungsmodell zu gestalten, welches Orientierung schafft, haben wir, die Autorinnen, uns zum Ziel gemacht. Dabei haben wir uns für die Design-Thinking-Methode entschieden, weil wir ein Vorgehen in iterativen Schleifen als sinnvoll erachteten. Denn das, was wünschenswert und gleichzeitig machbar und auch wirtschaftlich sinnvoll ist, lässt sich nur im Dialog erarbeiten. Der Prozess der Design-Thinking-Methode verläuft in sechs Schritten. Im Laufe unseres Prozesses stellte sich heraus, dass wir innerhalb der einzelnen Prozessschritte sogar mehrere Schleifen brauchten (vgl. ideo).
Schritt 1: Eine Frage formulieren
Im ersten Schritt der Design-Thinking-Methode geht es darum, eine konkrete Frage zu formulieren. Die Konzentration auf eine Frage bewirkt, dass ganz konkret beschrieben wird, was man für wen entwickeln will und welches Kundenproblem man lösen will. Um nicht nur auf eigene Ideen angewiesen zu sein, haben wir mit vielen verschiedenen Personen gesprochen, mit Kolleginnen und Kollegen an unserer Fachhochschule, Studierenden und Dozierenden und auch Netzwerkpartner/innen. So konnten wir ein Verständnis dafür entwickeln, welche Art von Orientierung es braucht. Das ist unser Ergebnis:
Für (angehende) Führungskräfte wollen wir ein Metaskillset in Bezug auf Führung entwickeln, das unsere Fachmeinung (basierend auf Forschung, Vernetzung mit der Wirtschaft, Dialog mit Studierenden) widerspiegelt, um Führungspersonen aufzuzeigen, wie sie im Führungsalltag Wirkung erzeugen können.
Schritt 2: Inspirationen sammeln
Wir haben sehr viel gelesen über Kompetenzmodelle und verschiedene Führungsstile. Wir haben uns mit Studien auseinandersetzt sowie mit Expertinnen und Experten diskutiert, um zu verstehen, was sie im Zusammenhang mit Führung für relevant und als wirkungsvoll erachten. Wir waren zwar gefasst auf eine Vielfalt an Inputs, dann aber dennoch etwas erschlagen vom Reichtum an Führungsergebnissen und Publikationen, so dass es Abstand brauchte, um eigene Ideen zu entwickeln.
Schritt 3: Eigene Ideen entwickeln
Wir haben sortiert und strukturiert, um Ordnung zu schaffen – und so wurde plötzlich aus vielen Bäumen ein Wald. Dabei haben sich drei Wirkungsebenen herauskristallisiert, die unabhängig vom Führungsstil oder der eigenen Rolle und Position immer wieder sichtbar wurden.
- Wirkung bei sich selbst: Sich selbst kennen und an sich arbeiten
- Wirkung auf andere: Eigenverantwortung stärken und vertrauensvolle Beziehungen gestalten
- Wirkung auf die Organisation: Komplexität annehmen und Spannungsfelder gestalten
Schritt 4: Ideen greifbar machen
Im ersten Augenblick waren wir etwas enttäuscht, dass das Ergebnis nicht "bunter", innovativer war. Wir hatten das Gefühl, das ist doch nichts Neues, keine "rocket science", sondern eher etwas, was wir schon wussten.
Deshalb haben wir nochmals eine Schleife gedreht und probiert, ob sich die Führungsstile wirklich den Wirkungsebenen zuordnen lassen und sich die Kompetenzen wiederfinden. Dabei entstanden Ideen für eine verbesserte Darstellung der Ebenen. Das gab uns die Sicherheit für den nächsten Schritt.
Schritt 5: Probieren geht über studieren
Mit unserem Prototyp sind wir wieder auf unsere Inputgeber/innen von Schritt 1 zugegangen und haben sie um Feedback gebeten. Dabei war uns wichtig, unser Ergebnis nicht zu verkaufen, sondern auf den Prüfstand zu stellen. Wir hörten, was fehlte, was missverständlich war und auch, was ankam. Aufgrund des Feedbacks konnten wir das Modell weiter konkretisieren und "mehr Fleisch an den Knochen" bringen. Ein Kollege sah in unserem Modell das Bild eines Propellers, dessen Flügel in Schwung gebracht werden müssten. Aufgrund dieser Vision konnten wir die Darstellung noch anpassen und verfeinern.
Schnell wurde auch deutlich, dass es nicht ausreicht, allein die Wirkungsebenen zu benennen, sondern, dass die einzelnen Propellerflügel weiter ausgearbeitet werden müssen, um verständlich zu sein. Als eine grosse Herausforderung stellte sich die Sprache dar. Etwas für Führungspersonen zu entwickeln heisst auch, etwas in der Sprache der Praxis zu beschreiben, was nicht dasselbe ist, wie die Sprache der Wissenschaft.
Die weiteren Diskussionen mit Führungspersonen zeigten, dass diese ganz genau wissen wollen, welche spezifischen Verhaltensweisen sich hinter den Fähigkeiten verbergen, beispielsweise was eine Person genau tut, die sich reflektiert. Unsere Antwort darauf lautet: "Ich reflektiere mich, indem ich regelmässig über mich selbst nachdenke, mich wahrnehme, mir über mein Verhalten, meine Einstellungen und Werte Gedanken mache."
Bei der Erarbeitung solcher Verhaltensanker haben wir im Projektteam gemerkt, dass wir auch nicht immer das gleiche Verständnis haben. Die Diskussionen waren bereichernd sowohl für uns wie auch für die Konkretisierung der Verhaltensanker. Ein weiteres Ergebnis des Feedbacks war, dass wir auch Verhaltensweisen benennen sollten, die nicht die gewünschte Wirkung erzielen und eher zum Scheitern führen. Wir haben solche Verhaltensweise "Red Flag Behaviour" genannt. Hier ein Beispiel:
Schritt 6: Weitersagen
Wir sind mit dem Ziel gestartet, Führungspersonen Orientierung zu bieten. Mit Hilfe der Design-Thinking-Methode haben wir ein Ergebnis erarbeitet. Ob es seinen Zweck erfüllt, oder ob wir den Prototyp weiterentwickeln müssen, wird sich in der weiteren Diskussion mit Führungspersonen zeigen. Wir freuen uns über Ihr Feedback.
Quellen und weiterführende Informationen
Ideo. (2022). Build your creative confidence. Online learning from award-winning design & innovation firm.
Diese Seite teilen
CAS FH in Leadership Advanced Compact
Certificate of Advanced Studies (CAS)
CAS FH in Leadership und Management
Certificate of Advanced Studies (CAS)
CAS FH in Leadership Advanced
Certificate of Advanced Studies (CAS)