Bedeutet die Klimakrise das Ende unserer Lebensqualität? Wie Stories for Future versucht, mit Geschichten die Sicht auf die Welt zu verändern
Moritz Jäger, Gabi Hildesheimer
Die Klimaerwärmung stellt uns vor grosse Herausforderungen, als Individuen, Unternehmen und Gesellschaft. Weshalb haben Menschen dennoch das Gefühl, dass alles beim Alten bleiben soll? Und wie können wir erreichen, dass wir uns trotzdem auf den Weg machen?
Geschichten zu einem guten Leben und einer gesunden Welt
Die Klimaerwärmung stellt unsere Lebens- und Wirtschaftsweisen vor grundsätzliche Herausforderungen, mit scheinbar so einschneidenden Konsequenzen, dass Menschen, Unternehmen und Gesellschaft oft mit Angst, Hilflosigkeit oder Lähmung reagieren. Viel davon hat damit zu tun, welche Geschichten wir uns zu Nachhaltigkeit erzählen, was das dominante Narrativ ist. «Zurück in die Steinzeit beispielsweise» hört man immer wieder in verschiedenen Abwandlungen. «Die anderen sind mehr schuld», «die Politik/die Unternehmen/die Wissenschaft müssen das lösen», «es ist eh schön zu spät» oder «Zerstören ist einfach in der Natur des Menschen». Kurz: es sind häufig Geschichten über Verlust, Ungerechtigkeit, Determiniertheit. Dies hängt damit zusammen, wie Menschen vielfach die Welt im Allgemeinen wahrnehmen. Untersuchungen aus den Verhaltenswissenschaften zeigen zum Beispiel: Wir haben das Gefühl, dass es vollkommen logisch ist, dass die Dinge so gekommen sind, wie sie sind (Hindsight Bias). Diesen roten Faden spinnen wir aber erst im Nachhinein und blenden damit aus, dass es auch ganz anders hätte kommen können. Oder: Wir haben das Gefühl, dass es so am besten ist, wie es jetzt ist, und dass jede Abweichung vom Status Quo eine Abweichung von einem linearen Fortschrittspfad ist. Und: Wir bilden uns ein, dass wir immer schon so gedacht haben, wie wir das jetzt tun, und dass wir auch in Zukunft so denken werden. Dabei merken wir gar nicht, wie sehr auch wir uns über die Zeit verändern. Kurz gesagt: wir nehmen uns und die Welt als viel starrer und unbeweglicher wahr, als sie eigentlich ist.
Können wir das Narrativ verändern?
Geschichten über Verlust und Unveränderlichkeit werden schnell zur selbsterfüllenden Prophezeiung und verhindern Veränderung im Ansatz, gerade wenn es um so grosse Herausforderungen wie Klimawandel oder Biodiversitätsverlust geht. Das Projekt Stories for Future möchte aus einer besseren Realität berichten. Es lässt Menschen Geschichten erzählen, in denen Lebensqualität und Nachhaltigkeit Hand in Hand gehen. Oder pointierter ausgedrückt: Geschichten, die zeigen, dass Nachhaltigkeit fast unweigerlich dort folgt, wo ein gutes Leben, eine gute Gesellschaft oder ein gutes Unternehmen gestaltet wird.
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Die Menschen erzählen bei Stories for Future ganz unterschiedliche Geschichten, aus dem Privatleben, der Politik oder dem Business. Sie haben aber etwas Zentrales gemeinsam: Sie handeln von Lebensfreude und von einer gesunden Welt. Sie zeigen immer wieder: Die Dinge können ganz anders sein, oder sind es bereits. Wir sind viel weniger Sklaven der Umstände, als wir denken. Nachhaltigkeit und ein gutes Leben gehen Hand in Hand, nicht nur bei Heldinnen und Experten, sondern bei ganz normalen Menschen. So ist Geschichtenerzählen nicht blosse Berichterstattung, sondern soll Wertschätzung und Mut zur Handlung verleihen.
Wie Historiker Yuval Harari sinngemäss über die Macht von Geschichten sagt:
Die Fähigkeit, mit Hilfe von blossen Worten eine Wirklichkeit zu erschaffen, machte es möglich, dass grosse Gruppen von wildfremden Menschen effektiv zusammenarbeiteten. Man kann die Form der Zusammenarbeit neugestalten, indem man neue Geschichten erzählt.
Stories for Future hat bis jetzt nur an der Oberfläche gekratzt. Wir wollen mehr Geschichten erzählen, mehr Menschen erzählen lassen. Ein Mosaik bauen, das und immer mehr Ideen, Inspirationen und auch Antworten gibt auf die Frage: Wie leben und wirtschaften wir in einer zukunftsfähigen Welt?
Wir schätzen uns sehr glücklich, dass die Stiftung Mercator Schweiz uns auf diesem Weg begleitet und unterstützt.