Ruderboot mit Ruderern Ruderboot mit Ruderern
Ruderer und Ruderinnen sind ein teilvirtuelles bzw. hybrides Team, wenn sie per Funk geführt werden.

Bei einer Befragung von grossen Unternehmen in Deutschland gaben 69 Prozent der 289 Fach- und Führungskräfte an, dass sie mit der Arbeit in virtuellen Teams vertraut seien (Akin & Rumpf, 2013, zitiert nach Boos, Hardwig & Riethmüller, 2017). In einer weiteren aktuelleren Studie sagen 85 Prozent der international Befragten, in einem oder in mehreren virtuellen Teams zu arbeiten (Kauffeld & Schulte, 2019). Es scheint also, dass virtuelle Teamarbeit ein Thema für viele Unternehmen ist. Doch was ist ein (teil)virtuelles Team und wie kann es geführt und entwickelt werden? In diesem zweiteiligen Blogbeitrag wird näher auf diese Frage eingegangen und es wird ein Modell zur Führung und Entwicklung von rein virtuellen und hybriden Teams vorgestellt.

Beschreibung und Merkmale von rein virtuellen und hybriden Teams

Wie können nun rein virtuelle und hybride Teams beschrieben werden? Ein rein virtuelles Team ist eine Gruppe von Menschen, die mittels voneinander abhängiger Aufgaben, welche durch einen gemeinsamen Zweck verbunden sind, interagieren (Boos et al., 2017); im Gegensatz zum lokalen Team arbeitet ein rein virtuelles Team aber über Raum-, Zeit- und Organisationsgrenzen hinweg und benutzt dazu Kommunikationstechnologien (Boos et al., 2017). Hybride Teams wiederum arbeiten nur zu einem gewissen Grad mit der Virtualität (Bernardy, Müller, Röltgen & Antoni, 2021; Kauffeld, Handke & Straube, 2016) (z.B. lokal, aber asynchron mit E-Mail und Cloud oder lokal, aber zeitweise im Homeoffice synchron mit Videokonferenzen). Somit sind auch Ruderer und Ruderinnen ein teilvirtuelles bzw. hybrides Team, wenn sie per Funk geführt werden. Rein virtuelle Teams haben die folgenden drei Merkmale:

  • Interdependenz: Das rein virtuelle Team hat eine gemeinsame Aufgabe und gemeinsame Ziele, die aber nur in der Kooperation bewältigt werden können (Boos et al., 2017).
  • Mediengestützte Kommunikation: Rein virtuelle Teams setzen verschiedene Kommunikationsmedien für die Zusammenarbeit ein: Hierzu zählen Telefon, E-Mail, Messenger Services, Social Media und Informationsplattformen (Boos et al., 2017).
  • De-Lokalisierung: Die Teammitglieder sind nicht an einem Standort lokalisiert, sondern sie arbeiten ortsübergreifend zusammen (Boos et al., 2017).

Vorteile und Herausforderungen der virtuellen Teamarbeit

Die rein virtuelle Teamarbeit hat drei wesentliche Vorteile gegenüber der lokalen Teamarbeit (Cohen & Gibson, 2003, zitiert nach Boos et al., 2017): Einerseits sind durch die Möglichkeit der ortsübergreifenden Einbindung von Mitarbeitenden in virtuelle Kooperationen Synergieeffekte und mehr Innovationen möglich, da die Kompetenzen und die Expertise von einem grösseren Mitarbeitendenpool in die Arbeit einfliessen kann, was Wettbewerbsvorteile ermöglicht (Boos et al., 2017). Andererseits kann die Leistung des Teams höher sein als bei lokalen Teams, da die Mitarbeitenden in virtuellen Teams z.B. in den Zweigstellen vor Ort eingebettet sind und ihre dort ansässigen Partner:innen und Kund:innen kennen (Boos et al., 2017). Drittens werden die Arbeitsprozesse weniger von Beziehungskonflikten geprägt, wie sie in Büroräumen vor Ort vorkommen, sondern aufgrund des Medieneinsatzes und der Distanz wird die Kommunikation sachbezogener (Boos et al., 2017).

Nebst diesen möglichen Vorteilen beschreiben Gibson & Cohen (2003, zitiert nach Boos et al., 2013) aber auch fünf Herausforderungen in Bezug zur virtuellen Teamarbeit:

  • Gefahr des Technikversagens: Für die virtuelle Kollaboration ist die Verfügbarkeit einer leistungsfähigen IT-Infrastruktur entscheidend (Boos et al., 2017).
  • Kommunikationsprobleme: Mit einem hohen Grad an mediengestützter synchroner und asynchroner Kommunikation nimmt der Anteil an sozialer Interaktion und informeller Kommunikation tendenziell ab (Boos et al., 2017). Der soziale Austausch, die Beziehungsqualität und das Vertrauen können sich in der alltäglichen Arbeit durch die Distanz reduzieren (Boos et al., 2017).
  • Dysfunktionale Konflikte: Konflikte können sich unbemerkt länger aufstauen oder verborgen bleiben und Konfliktlösungsstrategien können sich kulturell unterscheiden (Boos et al., 2017).
  • Ineffiziente Arbeitsprozesse: Die Herausforderung ergibt sich aus der Koordination der Aufgaben, wenn die Mitarbeitenden an verschiedenen Standorten arbeiten (Boos et al., 2017).
  • Herausforderung für die organisationalen Unterstützungssysteme: Aufgabenbeschreibungen, Kompetenzanforderungen und Managementsysteme müssen auf die virtuelle Teamarbeit ausgerichtet werden (Boos et al., 2017); dies betrifft auch die Personal- und die Organisationsentwicklung (Boos et al., 2017).

Die rein virtuelle und die hybride Teamarbeit haben Zukunft!

Virtuelle Teamarbeit ist in Unternehmen verbreitet und wird gerade für die Projektarbeit (Kauffeld & Schulte, 2019) und das Homeoffice (Lindner, 2020) sowie auch von hybriden Teams (Bernardy et al., 2021) zunehmend verwendet. Das synergetische Führungsmodell Teamlead von Graf, Rascher & Schmutte (2020) kann dazu wichtige Anhaltspunkte liefern, wie jetzt und in Zukunft rein virtuelle und hybride Teams geführt und entwickelt werden sollten. Dieses Modell wird in einem zweiten Teil dieses Blogbeitrags näher vorgestellt.

Quellen und weiterführende Informationen

Akin, N. & Rumpf, J. (2013). Führung virtueller Teams. Gruppendynamik und Organisationsberatung, 44 (4), 373-387.

Bernardy, V., Müller, R., Röltgen, A.T. & Antoni, C.H. (2021). Führung hybrider Formen virtueller Teams – Herausforderungen und Implikationen auf Team- und Individualebene. In S. Mütze-Niewöhner, W. Hacker, T. Hardwig, S. Kauffeld, E. Latniak, M. Nicklich & U. Pietrzyk (Hrsg.) Projekt- und Teamarbeit in der digitalisierten Arbeitswelt, Herausforderungen, Strategien und Empfehlungen (S. 115-138). Berlin: Springer.

Boos, M., Hardwig, T. & Riethmüller, M. (2017). Führung und Zusammenarbeit in verteilten Teams. Praxis der Personalpsychologie (Band 35). Göttingen: Hogrefe.

Cohen, S.G & Gibson, C.B. (2003). In the Beginning: Introduction und Framework. In S.G. Gibson & C. B. Cohen (Eds.), Virtual teams that work: Creating conditions for virtual team effectiveness (pp. 1-14). San Francisco: Jossey-Bass.

Graf, N., Rascher, S. & Schmutte, A.M. (2020). Teamlead – Führung 4.0. So führen Sie Teams synergetisch zu Höchstleistungen – Mit Tipps und Checklisten für die Praxis. Wiesbaden: Springer Gabler.

Kauffeld, S., Handke, L. & Straube, J. (2016). Verteilt und doch verbunden: Virtuelle Teamarbeit. Gruppe. Interaktion. Organisation (47), 43-51.

Kauffeld, S. & Schulte, E-M. (2019). Teams und ihre Entwicklung. In S. Kauffeld (Hrsg.), Arbeits- Organisations- und Personalpsychologie für Bachelor (3. Auflage, S. 211-236). Berlin: Springer.

Lindner, D. (2020). Virtuelle Teams und Homeoffice. Empfehlungen zu Technologien, Arbeitsmethoden und Führung. Wiesbaden: Springer Gabler.


Autor/in
Christian Ganser

Christian Ganser

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