Frau und Mann Frau und Mann
Geschlechterausgleich (Symbolbild)

Dass Diversity nicht nur ein Schönwetterprogramm ist, haben viele Unternehmen erkannt und sind von dessen echtem Nutzen sowie grossen Chancen überzeugt. Doch wie steht es um die tatsächliche Umsetzung von Diversity-Massnahmen und insbesondere der Beschleunigung der Geschlechtergleichheit? Aktuelle Studienergebnisse zeigen interessante Erkenntnisse auf und beleuchten Aspekte von dringendem Handlungsbedarf. 

Diversity stärkt öffentliches Image, Wettbewerbsfähigkeit und Mitarbeiterzufriedenheit

Laut einer vom Institut für Finanzdienstleistung (IFZ) an der Hochschule Luzern durchgeführten Studie mit 37 Schweizer Grossunternehmen soll der Nutzen von Diversity erstrangig darin bestehen, das öffentliche Image des Unternehmens zu verbessern sowie zweit- und drittrangig die Wettbewerbsfähigkeit und Mitarbeiterzufriedenheit zu erhöhen (Abb. 1).

Nutzen von Diversity
 
Nutzen von Diversity, Diversity-Index 2016 der Hochschule Luzern (Abb. 1)

Ähnliches berichtet eine deutsche Studie anlässlich des 10-jährigen Bestehens der Charta der Vielfalt. Laut dieser sind über 65 Prozent der Befragten überzeugt, dass Diversity Management der eigenen Organisation konkrete Vorteile bringt. Als grössten Nutzen von Diversity Management machen sie die Offenheit und Lernfähigkeit einer Organisation für die Sicherstellung der Zukunftsfähigkeit verantwortlich. Mehr Mitarbeiterzufriedenheit erzielen und Personenressourcen nutzen werden an zweiter und dritter Stelle genannt.

Schweizer Grossunternehmen sind fortgeschritten in der Umsetzung von Diversity

Die befragten Schweizer Grossunternehmen schätzen sich, was die Umsetzung von Diversity-Massnahmen betrifft als fortgeschritten ein: Bei nur 16 Prozent soll es gemäss der IFZ-Studie der Hochschule Luzern an Diversity-Zielen mangeln. Die Zielerreichung ihrer Diversity-Massnahmen schätzen gar 32 Prozent der Unternehmen als eher hoch und 11 Prozent als sehr hoch ein.

Im Fokus: Förderung der Geschlechtergleichheit

Am meisten unterstützen die befragten Unternehmen in der Schweiz gemäss der IFZ-Studie die praktische Umsetzung von Diversity-Aspekten zu Geschlecht (92 Prozent), Alter (86 Prozent) und Gesundheit bzw. Behinderung (73 Prozent). So haben beispielsweise knapp zwei Drittel (59 Prozent) der Unternehmen Ziele bezüglich der Geschlechterverteilungen in den Führungsebenen. Von diesen Unternehmen geben 54 Prozent zudem an, dass eine Nicht-Erfüllung dieser Ziele Konsequenzen wie beispielsweise keine oder weniger Bonusauszahlung nachziehen.

Erfreulicherweise haben praktisch alle der befragten Grossunternehmen (97 Prozent) Massnahmen ergriffen, um Arbeit und Familie besser vereinbaren zu können: 94 Prozent der befragten Unternehmen geben an, einen Vaterschaftsurlaub (von ca. 5 - 7 Tagen) zu kennen. Mehr als die Hälfte der Unternehmungen (52 Prozent) bieten Kinderbetreuungsangebote an –  sei es in Form von Beiträgen an die Kinderbetreuungskosten (41 Prozent), eingekauften Plätzen in externen Kindertagesstätten (53 Prozent) oder unternehmensinternen Kindertagesstätten (29 Prozent).

Trotz der zahlreichen Kinderbetreuungsmöglichkeiten erstaunt es, dass nur ein knapper Drittel (33 Prozent) der beschäftigten Frauen Mütter sind. Bei den Frauen mit Führungsfunktion beträgt der Anteil an Müttern nur etwas mehr als ein Viertel (26 Prozent) (Abb. 2).
Anteil Eltern nach Geschlecht und Führungsposition

Anteil Eltern nach Geschlecht und Führungsposition, Diversity-Index 2016 der Hochschule Luzern (Abb. 2)

Rekrutierung, Fluktuation und Beförderung

Für eine Beschleunigung einer ausgeglichenen Genderverteilung in Führungspositionen identifiziert der Advance Gender Intelligence Report Switzerland 2017 drei zentrale Bereiche: Rekrutierung, Fluktuation und Beförderung.

Positiv fällt auf, dass die Rekrutierung von Frauen auf allen Stufen bereits gut gelingt. So nimmt der Frauenanteil in den Unternehmen laufend zu. Es gibt genügend Bewerberinnen, insbesondere für Führungspositionen.

Was die Fluktuation betrifft verlassen Frauen die Unternehmen interessanterweise, nicht erst wenn sie Mütter werden, sondern bereits davor – dies vermutlich aufgrund fehlender Perspektiven und positiven Rollenmodellen, insbesondere auch im Hinblick auf Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

Als grösste Baustelle nennt der Report die vorherrschende Beförderungspraxis: So werden Frauen im Verhältnis klar weniger befördert als Männer. Dies geschieht bereits auf der untersten Kaderstufe. Ausserdem nehmen die Hürden zum Karriereaufstieg von Kaderstufe zu Kaderstufe zu. Grund für die Benachteiligung der Frauen sei die vorherrschende Vollzeitkultur. Bereits Mitarbeitende mit einem 80%-Pensum werden weniger häufig befördert. Da der Beschäftigungsgrad bei Frauen über 30 Jahren von 94 Prozent auf etwa 85 Prozent abnimmt, steigt auch das Risiko, nicht befördert zu werden.

Beförderungen von Frauen haben die grösste Hebelwirkung

Um den Frauenanteil im Management möglichst rasch zu erhöhen, wird empfohlen, in Talent und High Potential Pools die Zahl der Frauen so zu steigern, dass deren prozentualer Anteil höher als in der gesamten Belegschaft ist. Beförderungsentscheide sind nach dem Mehraugenprinzip statt ausschliesslich von der oder dem direkten Vorgesetzten zu fällen. Zudem soll die Förderung flexibler Karrierewege und einer Ergebniskultur statt einer Präsenzkultur Frauen den beruflichen Aufstieg erleichtern. So stehen nicht der Beschäftigungsgrad sondern die Motivation, Leistung und Zielerreichung bei einer Beförderung im Vordergrund.

Fazit

Unternehmen haben die Wichtigkeit von Diversity als integraler Bestandteil der Arbeitsmarktattraktivität erkannt und einiges in das Management der Vielfalt investiert. Mit einem klaren Fokus auf eine gleichbehandelnde Beförderungspraxis rechnet der Advance Gender Intelligence Report Switzerland mit einem Geschlechteranteil von 50:50 im Management für das Jahr 2030 - bei einer bevorzugten Beförderungspraxis der Frauen soll der Geschlechterausgleich bereits 2025 gelingen.

Quellen und weiterführende Literatur

Charta der Vielfalt: Seit 2010 haben 2700 Unternehmen und Institutionen mit die Charta der Vielfalt unterzeichnet. Damit bekennen sie sich für ein wertschätzendes und vorurteilsfreies Arbeitsumfeld einzusetzen. Träger dieser Unternehmensinitiative ist ein 2006 gegründete gemeinnütziger Verein, der unter der Schirmherrschaft von Angela Merkel steht. https://www.charta-der-vielfalt.de/die-charta/ueber-die-charta/schirmherrschaft/

Hille, A., Seiler Zimmermann, Y. & Wanzenried, G. (2017). Diversity Index 2016, IFZ-Studie der Hochschule Luzern, Schriften aus dem Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ, Band 44, Verlag IFZ, Hochschule Luzern.

Petropaki, A. (2017). Advance Gender Intelligence Report Switzerland 2017, Advance in Zusammenarbeit mit Competence Centre for Diversity & Inclusion (CCDI). University of St. Gallen.

Voß, E. & Reimund, W. (2016). Diversity in Deutschland, Studie anlässlich des 10-jährigen Bestehens der Charta der Vielfalt, Ernst & Young in Zusammenarbeit mit der Charta der Vielfalt.

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