Staatsverschuldung und Passivzinsen (2/2)
Heinz Schweizerhof
Im ersten Teil meines Beitrags ging es um die Schuldensituation der Schweiz und die Frage, ob das Instrument der Schuldenbremse diese Überschüsse bewirkt hat. Nachfolgend geht es in diesem Zusammenhang um den Einfluss der aktuellen Zinssituation auf den Bundeshaushalt und um das Fazit.
Sind die Überschüsse nachhaltig?
Überschüsse dürfen nicht über die kommenden Herausforderungen hinweg täuschen. Die demografische Entwicklung wird das Bundesbudget in absehbarer Zeit schwer treffen. Bereits treten die Babyboomer in das Rentenalter ein. Der grosse Schub erfolgt jedoch erst noch. Die Reform der Altersvorsorge stockt, Besitzstandeswahrung ist kulturell tief verankert und wird uns in die Knie zwingen. Auch die Herausforderung in der Flüchtlingsfrage und die damit zusammenhängende Kostensteigerung wird das Bundesbudget in steigendem Masse belasten. Stiefmütterlich finden die abnehmenden Kosten der Passivzinsen im Argumentarium des Finanzdepartementes ihren Platz.
Die Bedeutung der Passivzinsen
Die expansive Geldpolitik hat dazu geführt, dass sich die Renditen von eidgenössischen Anleihen im negativen Bereich befinden. Die Negativrendite für 10-jährige Anleihen reichte von -0.50 % bis 0 %. Das bedeutet, dass der Bund mit jeder Anleihe, die er ausgibt, Geld verdient. Im historischen Kontext dürfte dies als ungewöhnlich taxiert werden. Begibt der Bund eine Anleihe über 100 Mio. CHF mit einer Laufzeit von 10 Jahren und einer negativen Rendite von -0.50 %, dann bedeutet dies gesamthaft 5 % über die 10 Jahre hinweg. Der Anleger verliert somit 5 Mio. CHF, respektive der Bund verdient 5 Mio. CHF. Die Marktverzerrung, welche durch die Notenbanken verursacht wird, führt zu dieser Anomalie extrem tiefer (negativer) Zinsen. In der Vergangenheit durfte der Anleger vom Bund zwischen 2 % bis 4 % erwarten, je nach Laufzeit. Dieser Fakt relativiert die erzielten Überschüsse des Bundes von einigen hundert Millionen Franken. 4 % von 100 Mrd. CHF entspricht 4 Mrd. CHF Zinsbelastung, um welche sich der Überschuss in ein sehr bedenkliches Defizit wandelt würde.
Die Konsequenzen für Geschäftsbanken
Die Zinsrisiken bei den Banken haben sich in den letzten Jahren besorgniserregend aufgebaut. Negativ korrelierend zum steigenden Zinsrisiko präsentieren sich die Ertragsmargen im Zinsgeschäft, welche erodieren. Die Absicherungskosten (Hedging) dürften bei steigenden Zinsen überproportional steigen. Um der Fristenkongruenz nur annähernd Rechnung zu tragen, müssen die Banken diesen Gap durch Absicherungsgeschäfte abdecken. Steigende Zinsen führen auch zu Wertverminderung auf den Sicherheiten, die dem gewährten Kreditgeschäft zugrunde liegen. So beispielsweise Liegenschaften. Diese Entwicklung wird zu höheren Eigenkapitalanforderungen führen. Verstärkt suchen Banken entsprechend nach Alternativen, ihre Ertragsmöglichkeiten breiter abzustützen. So wartet die Bank Valiant damit auf, mit Hypotheken besicherte Anleihen herauszugeben (vgl. Ade, 2017, S. 8) um ihr Aktivgeschäft zu finanzieren. Die Bank erhofft sich ein hohes Rating und eine negative Rendite auf der herausgegebenen Anleihe. Dadurch würde sich die Zinsmarge verbessern. Dies als weiteres Muster einer Marktverzerrung.
Fazit
Man ist gut beraten, sich vom positiven Zahlenkleid des Bundes nicht blenden zu lassen. Die finanziellen Herausforderungen im Zusammenhang mit den Babyboomern und die Anomalie, dass die Finanzierung eines Defizites nichts mehr kostet, sollten die Befürworter einer lascheren Budgetdisziplin sensibilisieren. Die Historie zeigt, dass man sich von aktuellen Gegebenheiten zu falschen Schlüssen verleiten lässt, um kurzfristig entsprechende Vorteile zu ergattern.
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Quellen und weiterführende Literatur
Ade, V. (2017). Der Negativzins arbeitet für die Banken. Finanz und Wirtschaft, (Nr. 71, Ausgabe vom 09. September 2017), Seite 8.