Roboter mit Waagschale und Rechtsbüchern Roboter mit Waagschale und Rechtsbüchern
Wie kann künstliche Intelligenz die Arbeit von Anwaltskanzleien unterstützen? (Symbolbild)

In unterschiedlichen Gesprächen bei verschiedenen Anwaltskanzleien stelle ich fest, dass der Begriff der künstlichen Intelligenz (KI) sehr schwer zu fassen ist. Zu Recht! Die künstliche Intelligenz (oder auch Artificial Intelligence) deckt ein breites Spektrum unterschiedlicher Technologien und Vorgehensweisen ab. Am häufigsten wird KI als Modebegriff für Machine Learning verwendet. Machine Learning entwickelt sich mittels vorgegebenen Trainingsdaten, basierend auf ein spezifisches Model, selbst weiter. Dadurch entstehen viele Applikationen, die Automatismen (nicht nur im Rechtsbereich, sondern in allen möglichen Branchen) durchführen und dadurch Zeitersparnis bringen.

Das grosse Potenzial von KI weckt hohe Erwartungen. Insbesondere geht man davon aus, dass die Software alles für einen löst und damit eine Branche ausmerzt. Weit gefehlt, dem ist überhaupt nicht so. Banale Aufgaben bzw. sich wiederholende Tätigkeiten lassen sich dadurch zwar eliminieren. Nichtsdestotrotz wird es weiterhin einen Bedarf an Juristinnen und Juristen geben, die sich jedoch weniger um repetitive Aufgaben kümmern müssen.

Anwendungsbereiche für Anwaltskanzleien

Es gibt bereits spannende Anwendungsbereiche, die im Rechtsbereich im Einsatz stehen. Folgende Beispiele stellen nur einen kurzen Auszug heutiger Möglichkeiten dar:
Ihr Flug hat Verspätung! Das haben die meisten von Ihnen sicherlich schon einmal erlebt. Je nach Flugweite und Verspätung steht Ihnen eine Entschädigung zu. Nur, die allermeisten wissen nicht, wie sie in einem solchen Fall vorgehen sollen und scheuen oft auch den mühsamen Kontakt zu den Airlines. Hierfür gibt es bereits ein Tool, wo man in wenigen Minuten seinen Flug erfasst und darauf wartet, dass man sein Geld (nach Abzug der Provision für das Tool) zurückerhält. Niemals hätten Sie einen Anwalt engagiert, der für Sie das Geld zurückfordert. Kleiner Spoiler Alarm an dieser Stelle. Dieses Tool ist noch nicht zu 100 Prozent automatisiert, das heisst, im Hintergrund braucht es immer noch manuelle Tätigkeiten.

Eine ähnliche Plattform unterstützt Konsumentinnen und Konsumenten dabei, gegen ungerechtfertigte Bussen oder Aufschläge bei Kreditkartengebühren vorzugehen. Beides sind Vorkommnisse, bei denen man sich keinen Anwalt leistet, um an sein Recht zu kommen.

Es gibt aber nicht nur Konsumentenplattformen, welche die Arbeit von Juristinnen und Juristen minimiert, es gibt insbesondere viele Plattformen, die die Arbeit von Menschen dieser Berufsgattung vereinfachen oder sogar erweitern. So gibt es beispielsweise Applikationen, die Rechtstexte automatisiert übersetzen und somit unnötigen Aufwand für die Kanzlei einsparen.

Sehr spannend wird es für die Kanzleien, sobald es um Datenrecherche geht. An diesem Thema arbeiten verschiedene Unternehmen, um Juristinnen und Juristen zu unterstützen. Stellen Sie sich vor, sie können als Anwältin oder Anwalt Präzedenzfälle auf Knopfdruck finden oder aufgrund gegebener Informationen Ihre Gewinnchancen vor Gericht berechnen.

Handlungsempfehlung und Chancen

Die digitale Entwicklung soll keine Bedrohung sein und auch keine Angstmacherei. Es ist wichtig zu verstehen, dass man sein eigenes Angebot stets überdenkt und entsprechend anpasst.

Der Beruf Anwältin oder Anwalt ist eine beratende Funktion, welche trotz Automatisierung weiterhin benötigt wird. Sobald ein juristisches Anliegen komplexer wird oder komplizierte Zusammenhänge bestehen, kann das nicht so einfach durch ein Tool gelöst werden. Meine Handlungsempfehlungen sind:

  • Seien Sie offen gegenüber modernen Technologien.
  • Beginnen Sie in Ihrer Kanzlei mit einfachen Digitalisierungen, wie z.B. dem Einsatz von Microsoft Office 365 (oder ähnliche Tools). Das ist ein Tool, welches Ihnen auf breiter Ebene Unterstützung anbietet, insbesondere in der Zusammenarbeit mit internen Kolleginnen und Kollegen wie auch externen Teilnehmenden.
  • Überdenken Sie bestehende Prozesse wie Zeiterfassung, Rechnungsstellung, Dokumentenablage oder vieles mehr. Welche davon kann man vereinfachen?
  • Lassen Sie sich von Mut und Neugier und nicht von Angst und Sorge treiben.

Es gibt hierzu ein spannendes Sprichwort: "Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit."

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