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Wie gut erkennen Computer unsere Emotionen? (Symbolbild)
Wie werden Emotionen als Marktinstrument benutzt? Welche Chancen bietet uns die Digitalisierung für die automatisierte Emotionsanalyse? Kurz nach der Eröffnung der Ausstellung «Faszination Gesicht» des Vögele Kulturzentrums spricht Regula von Büren mit Michael Reinhold der Universität St. Gallen über Emotionen sowie realistische oder übertriebene Hoffnungen an die digitalen Techniken.

Warum interessieren sich immer mehr Firmen für die Emotionen, die sich auf unseren Gesichtern widerspiegeln?

Firmen als gewinnorientierte Unternehmen beschäftigen sich mit der Beziehung von Käufer zu Verkäufer. Für Firmen besonders relevant und spannend sind dabei folgende Fragen: Was geht im Kunden vor? Wie kann Kundschaft zum Kauf geführt oder animiert werden? Schliesslich möchten Firmen Menschen zu Handlungen leiten, idealerweise zum Kauf eines Produktes oder einer Dienstleistung. Marketingbotschaften und Werbevideos können vor Markteinführung mit Emotionsanalysen auf ihre Wirkung hin untersucht werden. Wie reagieren potentielle Kunden auf bestimmte Werbeinhalte? Welche Emotionen löst ein bestimmtes Produkt aus?

Wie wird Emotionsanalyse im Markt konkret eingesetzt?

Emotionsanalyse gibt es als Instrument schon lange. Auch heute noch werden Panels mit potenziellen Kundinnen und Kunden zusammengestellt, die bestimmten Reizen (z. B. einem Werbevideo) ausgesetzt werden. Geschulte Beobachter analysieren dann die Reaktionen des Panels. Die Digitalisierung ermöglicht mit Kameras und sehr ausgeklügelten Algorithmen eine Analyse der Emotionen ohne die Anwesenheit und das Urteil von Beobachtern. 

Wie fortgeschritten ist die Technik bereits?

Hochkomplexe mathematische Modelle analysieren kleinste Änderungen des Gesichtsausdrucks. Emotionen können sehr schnell ändern, innerhalb weniger Sekunden können wir mehrere Emotionen durchlaufen. Unabhängige Expertenpanels kontrollieren die Modelle und deren Einschätzung. Es zeigt sich, dass die Technik heute mindestens gleich gut ist wie Expertenpanels. Unter optimalen Bedingungen schneiden solche Modelle häufig sogar besser ab als der Experte. 

Wo sehen Sie die grössten Chancen der automatisierten Emotionsanalyse?

Chancen gibt es überall dort, wo wir grosse Datenmengen fast unbemerkt automatisch verarbeiten möchten. Möchte man z. B. prüfen, wie sich Personen fühlen, nachdem sie einen bestimmten Film gesehen haben, dann kann die automatisierte Emotionsanalyse hier Daten und Auswertungen liefern, in dem sie die KinobesucherInnen beim Verlassen des Saals aufnimmt. Gleiches gilt für Events. 

Wo sehen Sie Risiken?

Selbst der beste Algorithmus macht Fehler. Wird die automatisierte Emotionsanalyse nicht unter kontrollierten Bedingungen angewendet, sind die Ergebnisse deutlich schlechter. Werden wir als Passanten z. B. vor einem Geschäft mit personalisierter Werbung angesprochen, steigt die Fehlerrate stark. Die Beleuchtung ist nicht optimal, es fällt ein Schatten auf das Gesicht oder die Person trägt eine Sonnenbrille – all dies verschlechtert die automatisierte Emotionsanalyse. 

Mit dem Stichwort personalisierte Werbung sprechen Sie auch Datenschutz an.

Genau – es gefällt uns eventuell ja gar nicht, aufgenommen und von einer Maschine identifiziert zu werden. Alter und Geschlecht werden relativ zuverlässig eingeschätzt von den Modellen. Die Frage ist aber, was passiert, wenn wir an der Kasse mit personalisierter Werbung angesprochen werden, die uns mit dem falschen Geschlecht identifiziert und zudem noch 10 Jahre zu alt eingeschätzt hat? Nicht nur aus Datenschutzgründen ist dies ein heikles, aber sehr wichtiges Thema. 

Möchten Sie noch etwas hinzufügen?

Mich begeistert das Potential der automatisierten Emotionsanalyse. Gleichzeitig muss man heute auch ehrlich eingestehen, dass aus Marktforschungssicht im Moment noch kein gutes Kosten-Nutzen-Verhältnis der automatisierten Emotionsanalyse vorhanden ist. Aus Marketingsicht wäre zudem eigentlich weniger die Emotion an und für sich interessant, sondern der Schritt dahinter. Was ist die Ursache für die Emotion? Freude an einem Anti-Aging-Werbespot kann der hoffnungsvolle Gedanke sein, sich selber verjüngen zu können. Oder der Spot hat uns ein Lächeln aufs Gesicht gezaubert, weil wir fast nicht glauben können, mit welchen absurden Mitteln der ewige Jungbrunnen zelebriert wird.

Weitere Informationen und Quellen:

Ausstellung «Faszination Gesicht» des Vögele Kulturzentrums, 19. Mai bis 22. September 2019.

Lassen Sie Ihr Alter und Ihre Emotion einschätzen.

Reinhold, M. & Wortmann, C.: Von der Gesichtsdetektion zur Emotionsanalyse, in: Marketing Review St. Gallen 4 / 2018.

Reinhold, M. et al.: Verborgene Potentiale und zukünftiger Kundennutzen: Die Zukunft von Face-Recognition im Data-Driven Marketing, in: Marketing Review St. Gallen (x / 2019, in Vorbereitung).

Autor/in
Regula von Büren

Regula von Büren

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