Interview Samuel Heer und Marcel Schmid Interview Samuel Heer und Marcel Schmid
Samuel Heer (links) und Marcel Schmid (rechts) über die digitale Bildung an der Kalaidos FH

Die digitale Transformation verändert auch die Hochschullandschaft grundlegend. Mit der neu gegründeten Fachstelle Digitale Bildung setzt die Kalaidos Fachhochschule einen strategischen Schwerpunkt, um innovative Lehr- und Lernformen gezielt weiterzuentwickeln und die Digitalisierung der Lehre voranzutreiben. Doch wo stehen wir aktuell in der digitalen Bildung? Welche Potenziale gibt es und wie können Studierende, Dozierende und Mitarbeitende bestmöglich davon profitieren?

Im Interview geben Marcel Schmid, Leiter Qualität und Hochschulentwicklung, und Samuel Heer, Leiter Fachstelle Digitale Bildung, Einblicke in den aktuellen Stand, die Herausforderungen und die zukünftige Ausrichtung der digitalen Bildung an der Kalaidos FH.

Die digitale Bildung hat in der Hochschullandschaft in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Wie schätzt ihr den aktuellen Stand an der Kalaidos Fachhochschule ein? Und wo seht ihr Optimierungspotenzial?

Marcel Schmid: Im Bereich der digitalen Bildung gibt es an der Kalaidos Fachhochschule bereits zahlreiche Initiativen, jedoch fehlte bislang eine übergreifende Strategie. Durch Corona lag der Fokus stark auf dem Hybridunterricht und damit auf der Digitalisierung der Darreichungsform, aber weniger der Inhalte und der Didaktik. Nun gilt es, konzeptionelle und strukturelle Überlegungen weiterzuentwickeln und die institutionelle Unterstützung für Dozierende, Mitarbeitende und die Studierenden auszubauen. 

Samuel Heer: Es braucht zunächst eine systematische Bestandsaufnahme: Welche digitalen Initiativen, Massnahmen und Tools gibt es bereits? Was funktioniert gut, wo gibt es Lücken? Das Spektrum der digitalen Bildung ist sehr breit – vom klassischen Präsenzunterricht bis hin zum asynchronen Fernstudium. Die Kalaidos FH ist bei den beiden Aussenpositionen bereits sehr stark. Das grösste Entwicklungspotenzial sehe ich im Bereich dazwischen, dem Blended Learning.

Mit der Gründung der Fachstelle Digitale Bildung soll die digitale Transformation an der Kalaidos FH gezielt vorangetrieben werden. Welche Aufgaben übernimmt die Fachstelle in diesem Prozess?

Marcel Schmid: Die Fachstelle verfolgt zwei zentrale Aufträge: einen strategischen und einen operativen. Zum einen ist sie ein wichtiger Teil der Hochschul- und Lehrentwicklung und wird strategische Projekte wie das didaktische Konzept oder die Digitalisierung des Selbststudiums initialisieren, durchführen und auch wissenschaftlich begleiten; in diesem Zusammenhang hat sie auch normative Kraft. Zum anderen soll sie als Servicestelle die Akteure der Lehre in den Bereichen der digitalen Bildung befähigen und unterstützen; beispielsweise durch Schulungen und Support bei der Einführung neuer Tools oder der Digitalisierung von bestehenden Lerninhalten. Dabei müssen operative Massnahmen stets auf einer klaren Strategie basieren und nie nur Selbstzweck sein. 

Welche operativen Projekte plant die Fachstelle, um die digitale Bildung weiter zu fördern? 

Marcel Schmid: Ein erstes zentrales Projekt ist die Digitalisierung des Selbststudiums sowie des Präsenzunterrichts, um unseren berufstätigen Studierenden maximale Flexibilität zu bieten. Durch die zeit- und ortsunabhängige Verfügbarkeit der Lehrinhalte wollen wir die Vereinbarkeit von Studium, Beruf und Privatleben noch weiter stärken – sowohl in der Prüfungsvorbereitung als auch im gesamten Studienverlauf.

Samuel Heer: Die Fachstelle wird zudem gezielt Dienstleistungen und Unterstützungsangebote für die einzelnen Leistungserbringer entwickeln, etwa durch den Ausbau der Infrastruktur für Videoproduktion. Ein weiterer Fokus wird auf der Einführung digitaler Prüfungsformen liegen. Und kurzfristig freuen wir uns über die Einführung der Lernapp «Brian», die das Selbststudium unterstützen wird.

Wie profitieren die Studierenden konkret von diesen digitalen Bildungsmassnahmen?

Samuel Heer: Die Einführung von digitalen Tools darf nie Selbstzweck sein. Unser Ziel ist, mithilfe digitaler Massnahmen den Lernerfolg der Studierenden zu maximieren. Tools wie beispielsweise die Brian-App unterstützen dabei, indem sie das Selbststudium strukturieren und begleiten.

Marcel Schmid: Ein wesentlicher Punkt ist auch die zuvor erwähnte und für uns sehr wichtige Vereinbarkeit von Beruf, Privatleben und Studium, welche durch die Digitalisierungsmassnahmen weiter gestärkt wird. Ein Beispiel sind Prüfungen, welche gerade im Weiterbildungsbereich oftmals noch vor Ort stattfinden. Hier stellt sich die Frage, wie digitale Prüfungsformate künftig gestaltet werden.

Samuel Heer: Gerade diese Vereinbarkeit ist ja eine zentrale Stärke der Kalaidos FH. Diese können wir durch die zusätzliche Flexibilität, Zeit- und Ortsunabhängigkeit noch weiter stärken. Zudem ermöglicht der gezielte Einsatz von digitalen Hilfsmitteln eine Steigerung der Effektivität und Effizienz im Lernprozess. 

Marcel Schmid: Gleichzeitig fördern wir die digitale Kompetenz unserer Studierenden und je digitaler wir unsere Bildung ausgestalten, desto grösser der Nutzen für sie. Aber auch die Kalaidos FH selbst profitiert, da auch unsere Mitarbeitenden und Dozierenden sich mit der Digitalisierung der Bildung auseinandersetzen, Kompetenzen erwerben und vertiefen. So können auch wir als Fachhochschule einen grossen Sprung machen.

Gerne möchte ich auf die «Brian»-App zu sprechen kommen, deren Einführung aktuell in Arbeit ist. Welche Erfahrungen hast du, Samuel, mit der App und wie kam es dazu?

 Samuel Heer: Bei meiner vorherigen Tätigkeit war ich bereits an der Entwicklung und Einführung der App beteiligt und konnte ihren praktischen Einsatz im Bildungsbereich begleiten. Die App hat den Zweck, das digitale Selbststudium didaktisch zu unterstützen, Studierenden eine klare Struktur zu bieten und ihnen mobiles Lernen zu ermöglichen. Als ich dann zur Kalaidos FH kam, habe ich schnell gemerkt, dass es auch hier grosses Potential für die Brian-App gibt. Vor allem, da der Fokus der App auf der Begleitung, Digitalisierung und Unterstützung des Selbststudiums liegt - was gerade an einer Hochschule für Berufstätige ein entscheidender Mehrwert ist.

Welches sind die Einsatzmöglichkeiten und Vorteile der App?

Samuel Heer: Wie erwähnt unterstützt die Brian App die Digitalisierung des Selbststudiums. Sie soll die Wissensvermittlung im Selbststudium begleiten, unterstützen und strukturieren, ist jedoch kein Ersatz für das Kontaktstudium. Ganz im Gegenteil: Indem die Wissensvermittlung teilweise ins Selbststudium verlagert wird, kann der Präsenzunterricht stärker auf Austausch, Transfer und Anwendung ausgerichtet werden. Somit eignet sich die App sowohl für Kurse, in denen viel Grundlagenwissen vermittelt wird, wie bspw. Bachelor-Studiengänge, aber eben auch für Weiterbildungen, wo eher der Transfer und die Anwendung im Fokus stehen. 

Marcel Schmid: Grundsätzlich sollen KI-gestützte Lehr-Lerntechnologien zukünftig bei der KFH ein zentrales Element zur Steigerung der Qualität der Hochschullehre sein und damit auch den Lernerfolg der Studierenden verbessern. Spannend finde ich dabei auch die Rolle der Dozierenden. Da sich die Studierenden vorab eigenständig Wissen erarbeiten und im Unterricht dann spezifische Fragen stellen können, können die Dozierenden noch individueller auf die Fragen und Anliegen der Studierenden eingehen. Somit werden sie gewissermassen zu Coaches, die den Lernprozess direkt und praxisorientiert unterstützen. Das Verhältnis zwischen den Dozierenden und Studierenden wird folglich gestärkt und in keiner Weise ersetzt.

Samuel Heer: Zudem steigert die App sowohl die Effektivität als auch die Effizienz des Lernens und wirkt sich positiv auf den Lernerfolg aus. Untersuchungen, die wir bei meiner vorherigen Tätigkeit durchgeführt haben, haben gezeigt, dass die App den Studierenden hilft, Wissenslücken zu erkennen, ihren Lernfortschritt einzuschätzen und den Lernstoff schneller zu bearbeiten – und das völlig orts- und zeitunabhängig. Damit leistet sie einen wichtigen Beitrag zur zukunftsorientierten digitalen Bildung an der Kalaidos FH und unterstützt Studierende dabei, ihr Lernen noch individueller und erfolgreicher zu gestalten.


Dr. Samuel Heer ist seit dem 1. Januar 2025 Leiter der neu gegründeten Fachstelle Digitale Bildung sowie des Instituts für Distance Learning (IDL) an der Kalaidos Fachhochschule. In seiner Rolle als Fachstellenleiter verantwortet er die strategische Ausrichtung und Umsetzung digitaler Bildungsangebote und fördert die Integration innovativer Technologien in die Lehre. Mit seiner langjährigen Erfahrung und Expertise im Bereich der digitalen Bildung trägt Samuel Heer massgeblich zur Transformation und Weiterentwicklung moderner Lehr- und Lernformen bei.

Prof. Dr. Marcel Schmid ist Bereichsleiter Qualität und Hochschulentwicklung an der Kalaidos Fachhochschule und verantwortlich für die strategische Lehr- und Hochschulentwicklung. In dieser Funktion ist er federführend bei der Sicherstellung und Qualitätssicherung moderner Lehr- und Lernformate sowie bei der Initiierung und Begleitung strategischer Ed-Tech-Projekte an der Kalaidos Fachhochschule.

Institutsleitung und Leitung Lehrentwicklung
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