Junge Junge

Was versteht man unter «Young Carers»?

Wenn jemand in der Familie oder im nahen Umfeld körperlich oder psychisch erkrankt oder beenträchtigt ist, schultern Kinder und Jugendliche häufig zusätzliche Aufgaben. Sie sorgen und kümmern sich um ihre Angehörigen – und manchmal übernehmen sie sogar Pflegeaufgaben, wie Medikamente verabreichen oder Infusionen setzen – Aufgaben, die normalerweise Erwachsene übernehmen.
Meist wissen nicht einmal ihre Lehrpersonen, Schulleitungen, Ausbilder:innen oder Kolleg:innen, was sie nebst Schule und Ausbildung zusätzlich leisten.

Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene als betreuende Angehörige – im Fachjargon Young Carers und Young Adult Carers genannt – waren über 10 Jahre lang ein zentrales Forschungsthema an der Careum Hochschule Gesundheit.

Zahlen zur Situation in der Schweiz

Zwei grosse nationale Online-Befragungen liefern erstmals verlässliche Daten für die Schweiz. Es sind fast acht Prozent Kinder und Jugendliche, die Angehörige betreuen oder pflegen und zwar etwas mehr Mädchen als Jungen.

Die Ergebnisse einer Umfrage für Fachpersonen zeigten, dass Fachpersonen aus dem Bildungs-, Gesundheits- und Sozialbereich noch (zu) wenig vertraut waren mit dem Phänomen Young Carers, obwohl 40 Prozent der Befragten in ihrem Berufsalltag jungen Menschen begegnen, auf die diese Beschreibung zutrifft. Dies erstaunt nicht: Young Carers empfinden ihre Situation als normal und nehmen kaum Hilfe in Anspruch – nicht selten auch aus Scham. So fallen sie im Schulalltag oft erst auf, wenn sie beispielsweise unter Konzentrations- oder Schlafmangel leiden oder ihre schulischen Leistungen nachlassen. Generell wünschten sich Fachpersonen mehr Informationen und spezialisierte Weiterbildungsangebote, um betroffene Kinder und Jugendliche früher zu erkennen und gezielt auf sie eingehen zu können.


Forschungsstudien der Careum Hochschule Gesundheit haben gezeigt, dass sich die Betreuungsrolle negativ auf die physische und psychische Gesundheit von Young Carers auswirken kann. Zudem können Young Carers aufgrund der Betreuungsrolle Schwierigkeiten in Schule und Ausbildung haben. Sie haben weniger Zeit für Sport, Freizeitaktivitäten und um sich mit Kolleg:innen zu treffen.
Young Carers berichten jedoch auch von positiven Auswirkungen der Betreuungsrolle. Sie entwickeln eine enge Beziehung zu ihrer Familie und der betreuten Person, erwerben neue Kompetenzen und fühlen sich besser auf das Leben vorbereitet. Damit Young Carers diese Chancen der Betreuungsrolle nutzen können, ohne dadurch belastet zu werden, brauchen sie gezielte Unterstützung.

Unsere Forschung zu Young Carers

Schellenberg, E., Visscher, R. M. S., Leu, A., Guggiari, E. & Rabhi-Sidler, S. (2024). Get-togethers: Guided Peer-Support Groups for Young Carers. Healthcare, 12(5), 582. DOI:10.3390/healthcare12050582

Guggiari, E., Fatton, M., Becker, S., Lewis, F., Casu, G., Hoefman, R., Hanson, E., Santini, S., Boccaletti, L., Nap, H. H., Hlebec, V., Wirth, A. & Leu, A. (2023). Visibility as a Key Dimension to Better Health-Related Quality of Life and Mental Health: Results of the European Union Funded “ME-WE” Online Survey Study on Adolescent Young Carers in Switzerland. International Journal of Environmental Research and Public Health, 20(5), 3963. DOI:10.3390/ijerph20053963 

Frech, M., Wepf, H., Nagl-Cupal, M., Becker, S., & Leu, A. (2021). Ready and able? Professional awareness and responses to young carers in Switzerland. Children and Youth Services Review, 106027. DOI: 10.1016/j.childyouth.2021.106027 

Leu, A., Wepf, H., Sempik, J., Nagl-Cupal, M., Becker, S., Jung, C., & Frech, M. (2020). Caring in mind? Professionals’ Awareness of Young carers and young adult carers in Switzerland. Health Soc Care Community, 28(6), 2390–2398. DOI:10.1111/hsc.13061

Leu, A., Frech, M., Wepf, H., Sempik, J., Joseph, S., Helbling, L., Moser, U., Becker, S., & Jung, C. (2019). Counting young carers in Switzerland – A study of prevalence. Children & Society, 33(1), 53–67. DOI: 10.1111/chso.12296.

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