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Was müsste unternommen werden, um Ethik im Management zu realisieren? (Symbolbild)

Am 24.01.2022 veröffentlichte das Newsportal des Schweizer Fernsehens einen Artikel zur Häufigkeit von Skandalen in der Finanzbranche ("Skandale im Finanzsektor - Weshalb Banker nicht genug kriegen"). Anlass des Artikels war der einen Tag später, am 25.01.2022, beginnende Prozess gegen Pierin Vincenz. In dem Artikel wird der Frage nachgegangen, weshalb es in der Finanzbranche scheinbar so schwierig ist, Führungspersönlichkeiten zu finden, die in der Lage sind, in ihre Managementpraktiken ethische Prinzipien einfliessen zu lassen, die moralisch vertretbar sind. Der Autor weist dabei auf die Schwierigkeit hin, mit sicheren Anlagen Gewinn zu erzielen, resp. nennt es einen Fakt, dass gleiche Renditen wie früher nur mit erhöhtem Risiko zu erwirtschaften seien. Dies führt er dann als möglichen Grund für die erhöhte Risikobereitschaft von Führungskräften in der Finanzbranche an. Die mitunter lange Zeitspanne zwischen Gewinn und Risikoeintritt begünstige dieses risikoaffine Verhalten noch weiter. Es entsteht somit der Eindruck, dass hohe Risikobereitschaft und ethisches Management sich gegenseitig ausschliessen.

Die dunkle oder toxische Triade

Der erwähnte Eindruck der Unvereinbarkeit von hoher Risikobereitschaft und ethisch-moralischer Integrität mag jedoch täuschen, da hohe Risikobereitschaft nicht mit der Bereitschaft gegen Gesetze zu verstossen gleichgesetzt werden kann. Der besagte Artikel geht darum noch einen Schritt weiter und betont, wo es um Geld gehe, sei neben der Risikoneigung auch ein bestimmtes Set an Persönlichkeitseigenschaften entscheidend mitverantwortlich für die immer wieder auftretenden Skandale in der Finanzbranche.

Dieses Set an Persönlichkeitseigenschaften wird dann im Artikel durch ein Zitat als "toxische/dunkle Triade" bezeichnet, die sich aus folgenden Eigenschaften zusammensetzt:

  • Narzissmus – Kurzfassung: Grössenwahn gepaart mit Egoismus
  • Machiavellismus – Kurzfassung: Manipulative Machtmenschen ohne Skrupel
  • Psychopathie – Kurzfassung: Die vollständige Unfähigkeit zu jeglicher Art von Mitgefühl

Laut Christian Fichter, der im Artikel wie folgt zitiert wird, bringt die toxische Triade aber nicht nur Schlechtes mit sich:

"Leute, die diese Eigenschaften haben, sind extrovertierter, offener und risikobereiter. Das sind Charakterzüge, die insbesondere im Finanzumfeld gefragt sind."

Man müsse lediglich, so der Artikel weiter, die richtigen Kontrollmechanismen schaffen, um die schlechten Seiten dieser Persönlichkeiten unter Kontrolle zu halten. Dies sei jedoch in der Vergangenheit nur schlecht gelungen. Immer wenn nach mehr Kontrolle gefragt wird, stellt sich jedoch immer auch die Frage: "Wer kontrolliert dann den Kontrolleur?", usw.

Die Wirksamkeit von Kontrollen

Betrachtet man nun die Idee des ethischen Managements, so stellt sich die Frage, ob dieses Konzept je wirklich funktionieren wird, resp. ob überhaupt je ernsthaft versucht werden wird, es tatsächlich umzusetzen? Denn Kontrollen, egal wie ausgeklügelt sie sind und selbst wenn sie, was unrealistisch ist, zu 100 Prozent funktionieren würden, ersetzen sie keine Ethik, die ja eine Handlungskonsequenz moralischer Prinzipien darstellt. Moralische Prinzipien von Personen, deren Persönlichkeitsprofil mit jenem der dunklen Triade übereinstimmt, darf (sollte?) man jedoch guten Gewissens in Frage stellen. Geht man nun davon aus, dass das Persönlichkeitsprofil der dunklen Triade für Führungspersönlichkeiten unumgänglich ist, wird die Rede von Ethik im Zusammenhang mit Finance und Leadership allerdings ad absurdum geführt.

Die Hypothese der Alternativlosigkeit

Was also müsste unternommen werden, um "Ethik im Management" zu realisieren?

Zunächst könnte man sich ganz empirisch-wissenschaftlich fragen, ob denn die Hypothese, dass die Charaktereigenschaften der dunklen Triade als Erfolgsgaranten in der Finanzbranche unabdingbar sind, einer gründlichen empirischen Überprüfung überhaupt standhält.

Gemäss empirischer Methode würde nur eine einzige Führungspersönlichkeit, deren Charaktereigenschaften nicht der dunklen Triade angehören, genügen, um die Hypothese zu stürzen. Ebenso wäre der Mangel des Nachweises solcher Führungspersönlichkeiten nicht gleichzusetzen mit dem Nachweis des Mangels an solchen Führungspersönlichkeiten. Mit anderen Worten die Hypothese wäre dadurch nicht bestätigt, sondern lediglich (noch) nicht widerlegt.

Als weiteren Punkt könnte man analysieren, ob denn die Renditen, die durch Führungspersönlichkeiten in der Finanzbranche, die zur dunklen Triade gehören, den Ansprüchen überhaupt gerecht werden oder wenigstens, ob sie nachhaltig sind/waren. Denn hierin steckt ja die Folgehypothese, dass nur Führungspersönlichkeiten, deren Charaktereigenschaften zur dunklen Triade gehören, gute Renditen erzielen können. Hier würde ebenfalls eine einzige Führungspersönlichkeit ausreichen, deren Charaktereigenschaften nicht der dunklen Triade angehören und deren erwirtschaftete Renditen im gleichen Schnitt wie die der übrigen Führungspersönlichkeiten liegen.

Konsequenzen

Ist die Hypothese aber einmal widerlegt, gibt es für die Finanzbranche keinen Grund mehr bei der Suche nach ihren Führungspersönlichkeiten auf jene mit Charaktereigenschaften der dunklen Triade zu setzen und es kann mit der Suche nach geeigneteren und gegenüber Skandalen resistenteren Persönlichkeiten gesucht werden.

Sollte die Hypothese aber dauerhaft nicht widerlegt werden können oder gar nicht untersucht werden, dann wird sich die dominante Sichtweise weiter halten und Führungspersönlichkeiten mit den Charaktereigenschaften der dunklen Triade werden weiterhin in der Finanzbranche dominant sein. Dann aber ist Ethik im Management in der Tat zum Scheitern verurteilt und deren erwünschte Konsequenzen sind dann nur durch einen sich immer mehr steigernden staatlichen Rigorismus in der Regulierung und den Kontrollen zu erreichen.

Allein schon deshalb wäre die Untersuchung wünschenswert.

Autor/in
Claude-Del Don

Claude Del Don

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