Am 30. November 2022 fand mit rund 200 Teilnehmenden aus den verschiedenen Gesundheitsbranchen der 19. Schweizer Case Management-Jahreskongress in Olten statt. Der Kongress des Netzwerks «Case Management Schweiz» widmete sich dem Thema «Case Management im Wirkungsfeld der psychischen Gesundheit».

Tagungsbericht von Afize Merkli und Magali Medus*

Das Thema psychische Gesundheit wirft viele Fragen auf. Eine psychische Belastung kann jede Person treffen.

Ziel der Vorträge der Referenten war, unser Wissen zu vertiefen, Vorurteile abzubauen oder die verschiedenen Handlungsoptionen des Case Managements in der Praxis umzusetzen.

Die Corona-Pandemie hat unseren Alltag in den letzten 2 ½ Jahren geprägt. Schon vor 100 Jahren haben Epidemiologen festgestellt, dass nach jeder Epidemie eine massive psychische Belastung in der Bevölkerung auftritt. Die Bereitschaft, eine Therapie zu machen, ist seit der Pandemie grösser geworden. Auch, weil psychische Probleme weniger stigmatisiert werden als früher.

Mehr IV Renten als früher

Wegen Überforderung, Konflikten oder Frustration am Arbeitsplatz wurden in den letzten 30 Jahren dreimal mehr IV-Renten gut gesprochen. Aber, im Job länger krankgeschrieben zu sein, ist in der Regel nicht die Lösung. Die berufliche Biographie, die soziale Situation und das Alter sind hier entscheidende Faktoren.

Niklas Baer (Leiter Workmed) empfiehlt den Case Manager:innen, sich mehr Informationen bei den Arbeitsgebern einzuholen. Häufig haben sie eine andere Ansicht oder Wahrnehmung als der Mitarbeiter:in. Auch die Verantwortung für das eigene Handeln sollte den Klienten aufgezeigt werden, indem sie zum Beispiel das Gespräch mit dem Vorgesetzten suchen.

Nützt Case Management?

Davon sind wir überzeugt! Eine Studie der PK Rück (Pensionskasse Rück) bestätigte die Wirksamkeit des Case Managements: So arbeiten rund 90% der Personen immer noch nach 3 Jahren ununterbrochen und würden zu 85% wieder ein Case Management in Anspruch nehmen. Die PK Rück setzt hierbei besonders früh an mit den Interventionen.

Peers als wichtige Ansprechgruppe

Caroline Gurtner von Pro Mente Sana präsentierte am Kongress ihre Arbeit mit Peers. Zwei Betroffene schilderten ihre Erfahrungen und ihre Motivation, als Peers zu arbeiten. Sie haben eine sogenannte Brückenbauer Funktion inne. Hierbei unterscheidet sich der Austausch mit anderen Betroffenen von einer Selbsthilfegruppe. So tauschen sie sich zum Beispiel während einem Spaziergang aus. Die Perspektive auf Augenhöhe und der emotionale Support sind zentral. Die Ressourcen der Personen werden verstärkt einbezogen, so dass sie wieder vermehrt Kontrolle über ihre Leben nehmen. 

Die Nachfrage nach Peers ist gross. Leider gibt es bis dato zu wenig Ausbildungsangebote. Pro Mente Sana hat in diesem Bereich 2 Projekte geplant für 2023.

Psychische Probleme im Jugendalter

Der junge Mensch in der Pubertät durchläuft körperliche und emotionale Veränderungen und bildet seine eigene Identität. Er wird selbstständiger und mehr und mehr Teil der Gesellschaft. Entwicklungsbedingte Veränderungen bergen sehr viele Chancen für Jugendliche. Sie können aber auch zu Belastungen führen. Deshalb zeichnet sich das Jugendalter als eine sensitive Phase aus und kann sich durch psychische Auffälligkeiten manifestieren.

Aktuelle Zahlen aus einer OECD-Studie aus dem Jahre 2014 zeigen, dass 50% aller psychischen Störungen vor dem 14. Altersjahr und 75% vor dem 25. Altersjahr beginnen.

Da psychische Probleme im Jugendalter mit erhöhten Risiken für spätere psychische Erkrankungen verbunden sind, sind Früherkennung und eine zeitnahe Intervention sowie frühe Massnahmen entscheidend.

So ist Ziel einer Früherfassung, dass zum Beispiel die IV-Stelle möglichst früh mit den Betroffenen Kontakt aufnimmt, um die Gefahr einer Chronifizierung zu minimieren und um eine Medikalisierung zu vermeiden. Voraussetzung ist, dass eine gesundheitliche Einschränkung gemäss ärztlichem Bericht vorliegt.

Als berufliche Massnahme können Jugendliche von einer Frühintervention bis hin zu einer ersten beruflichen Ausbildung davon profitieren.

Die Massnahmen für Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen beinhalten zudem den Ausbau der Integrationsmassnahmen sowie die Beratung und Begleitung. Wichtig bei den Integrationsmassnahmen ist ein Verzicht auf die zeitliche Begrenzung der Integrationsmassnahmen. Aber auch, dass das Taggeld (80% des Lohns) sicher gestellt ist.

 

Die Case Management Community freut sich bereits auf die nächste Tagung am 20. September 2023 - ein Jubiläum!

*Die Careum Hochschule Gesundheit konnte als Silbersponsorin per Los zwei Tagungseintritte an Studierende des CAS Case Management vergeben, mit der Auflage, von der Tagung zu berichten. Herzlichen Dank an die zwei Gewinnerinnen Afize Merkli und Magali Medus. Sie sind Pflegefachfrauen und Studierende im CAS FH in Case Management an der Careum Hochschule Gesundheit Zürich.»

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