Am 24. November 2021 fand mit rund 160 Teilnehmenden aus den Bereichen Versicherungen, Personalwesen, Spitälern und Rehabilitationskliniken der 18. Schweizer Case Management-Jahreskongress in Olten statt. Referentinnen und Referenten aus den Sektoren Medizin, Pflege, Therapie, Wiedereingliederung und Kultur brachten ein zentrales Thema zur Sprache, von dem jährlich ca. 22'000 Menschen in der Schweiz betroffen sind: Gehirnerkrankungen und Gehirnverletzungen.

Tagungsbericht von Ana Sampaio Costa und Barbara Bretscher Parmar*

Verletzungen und Erkrankungen am Gehirn, einem höchst komplexen Organ und «Schaltstelle» für jegliche körperlichen Vorgänge, führen zu multifunktionellen Beeinträchtigungen. Betroffene und deren Angehörigen benötigen eine koordinierte, interdisziplinär breit abgestützte Begleitung und Entlastung. Von dem gesamten Behandlungsteam und Unterstützungsnetzwerk wird viel Empathie, Verständnis und Geduld gefragt, um zu zielführenden Vereinbarungen motivieren zu können. In unterschiedlichen Lebensphasen und mit unterschiedlichen Ursachen kämpfen die Betroffenen mit ähnlichen Herausforderungen. Die Tagung legte dabei den Fokus nicht nur auf den Alltag, sondern vor allem auch auf die Herausforderungen im beruflichen Leben.

Case Management Kongress 2021
Foto: Bretscher Parmar/Sampaio Costa

Wichtig: Viel Zeit und verständnisvolle Arbeitgebende

Prof. Dr. Ulrich Buettner, Facharzt für Neurologie FMH und Vicepräsident Fragile AG/SO, wies im ersten Vortrag darauf hin, welche anspruchsvolle Aufgabe die Betreuung, Begleitung und Beratung von Menschen mit Hirnverletzungen und -Erkrankungen und deren Angehörigen ist.
Wie zentral, aber auch wie schwierig, eine berufliche Wiedereingliederung verlaufen kann, zeigte der zweite Referent, Peter Laeng, Job Coach und Berufsabklärer, auf. Wichtig ist, sich nicht unter Zeitdruck zu setzen. Er zitierte den Dichter Ernst Ferstl: «Zeit, die wir uns nehmen, ist Zeit, die uns etwas gibt.» Weil Betroffene sich oft selber überschätzen oder aber Arbeitgebende mit unrealistischen Vorstellungen Druck ausüben, benötige es viel Aufklärungsarbeit durch Case Managerinnen und Case Manager oder durch Job Coaches. Die Hauptfaktoren für die unrealistischen Erwartungen von von Arbeitgebenden sind die verborgenen oder unsichtbaren Beeinträchtigungen der Betroffenen. Um diese ans Licht zu bringen, sind eine gute Beobachtungsgabe und viel Zeit und Empathie wichtige Voraussetzungen. Deshalb sei eine Frühintervention sinnvoller (ggf. bereits im stationären Setting während der Akutphase), um die betroffenen (Verletzten/Erkrankten) auf die Zeit danach vorzubereiten. Die Niederschwelligkeit ist im gesamten Prozess zu beachten.

Wiedereinstig mit Unterstützung

Alle Referate und Workshops machten deutlich, dass das Annehmen einer Störung oder einer Beeinträchtigung ein langwieriger und schmerzhafter Prozess ist. Jacqueline Bürki, Geschäftsführerin rehapunkt Bern, betonte: «Wiedereingliederung benötigt interdisziplinäre Zusammenarbeit.». Dr. med. Heribert Pizala, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie FMH, führte aus, dass nicht nur die medizinische Diagnose alleine oder der Schweregrad der Verletzungen/Erkrankung relevant seien, ausschlaggebend sei viel mehr, wie sich die Störung im (Arbeits-)Alltag äussere.
In der Schweiz gibt es mehrere Institutionen, die Unterstützung für die Betroffenen, aber auch für ihre Angehörigen anbieten. Diese Unterstützung kann auf der physischen und psychischen Ebene stattfinden oder die berufliche Integrität oder die Bereitstellung von Hilfsmittel betreffen.
Am Nachmittag durften wir Guy Landolt begrüssen, der mit einer Portion Humor über sein Leben nach zwei erlittenen Schlaganfällen berichtete. In seinem Vortrag beschrieb er eindrücklich, mit welchen Herausforderungen er damals konfrontiert wurde, mit welchen er heute noch zu kämpfen hat und wie er seine Erkrankung erfolgreich meistert.

Die Case Management Community freut sich bereits auf die nächste Tagung am 30. November 2022!

 

*Die Careum Hochschule Gesundheit konnte als Silbersponsorin per Los zwei Tagungseintritte an Studierende des CAS Case Management vergeben, mit der Auflage, von der Tagung zu berichten. Herzlichen Dank an Ana Sampaio Costa, Case Managerin sowie Studierende an der Careum Hochschule Gesundheit und an Barbara Bretscher Parmar, Pflegeexpertin und Care Managerin am Universitätsspital Zürich.

 

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