Dr. iur. Philipp H. Haberbeck

Sie sind seit über 20 Jahren als Rechtsanwalt in Zürich tätig und seit 2016 haben Sie Ihre eigene Anwaltspraxis. Ausserdem sind Sie als Dozent an der Kalaidos Law School tätig, publizieren und sind Vater zweier Söhne. Was treibt Sie an, und wie bekommen Sie alles unter einen Hut?

Das sind gute Fragen! Es gehört sicher ein gewisser Ehrgeiz dazu, aber wo der herkommt, ist natürlich schwer zu sagen. Die Erziehung dürfte in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle spielen. Dafür spricht in meinem konkreten Fall, dass auch meine beiden Geschwister, eine Architektin und ein Ökonom, beruflich und privat sehr aktiv sind. Und auch meine beiden Söhne geben, jeder auf seinem Gebiet, richtig Gas. Möglicherweise hat es neben der Erziehung auch noch eine genetische Komponente, wer weiss, ich kenne mich diesbezüglich nicht aus. Nun, was mich sicher auch antreibt, ist die Freude an meinem Job, der mich nach über zwanzig Jahren immer noch fasziniert und motiviert. Aber wie ich alles unter einen Hut bekomme, frage ich mich manchmal auch, vor allem, wenn man bedenkt, dass mein jüngerer Sohn einen sehr intensiven Leistungssport betreibt, bei dem ihn meine Frau und ich in den letzten Jahren stark unterstützt haben, insbesondere als Chauffeur... Ich denke, ein solches Pensum ist nur möglich, wenn man einen sehr aktiven Partner hat, der einen stark unterstützt. Und dann hilft es sicher auch, wenn man schnell arbeitet, was ich zum Glück tue. Meine Dissertation habe ich zum Beispiel in ungefähr drei bis vier Monaten geschrieben, nachdem ich mich als Anwalt selbständig gemacht hatte. Wird man etwa von einem solchen Publikationsprojekt zwei Jahre komplett ausgelastet, wird es schwierig, wenn man verschiedene Hüte gleichzeitig trägt, also zum Beispiel wie ich damals eine Kanzlei gründet, eine Familie hat und, wie Sie erwähnt haben, auch sonst noch ein bisschen publiziert.

Auf Ihrer Website (haberbeck.ch) ist eine Liste mit ausgewählten Fällen zu finden. Wo sind Ihre Schwerpunkte und welcher Fall ist Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?

Mein Schwerpunkt ist die rechtliche Beratung und Vertretung in kommerziellen Rechtsstreitigkeiten, und diese Spezialisierung fasziniert mich heute noch. Jeder Fall ist anders und eine neue Herausforderung. Ich hatte das grosse Glück, in den letzten rund zwanzig Jahren an vielen sehr interessanten Fällen arbeiten zu dürfen, in ganz unterschiedlichen Bereichen, in die ich mich immer neu einarbeiten musste. So habe ich mich zum Beispiel, in zufälliger Reihenfolge, thematisch in die Herstellung von Saphirglas für die Uhrenindustrie, in grosse Infrastrukturprojekte in Südamerika und im Nahen Osten, in die Welt von Hedge Funds sowie, um ein weiteres Beispiel zu geben, in Kryptowährungen vertiefen dürfen. Aber wenn ich einen einzigen Fall herausgreifen müsste, dann wäre dies ein sehr grosses Schiedsverfahren, in dem ich als noch sehr junger Anwalt intensiv tätig sein durfte, in dem das Schiedsgericht aus den Professoren Peter Forstmoser, Peter Gauch und meinem ehemaligen Professor Pierre Tercier gebildet wurde. Das war schon die «Champions League», auch dank der interessanten Parteien und Parteivertreter in diesem Fall, über den ich aus Gründen der Vertraulichkeit leider nichts Genaueres sagen darf. Diesen Fall werde ich immer in besonderer Erinnerung behalten.

Welche Rolle haben Ihrer Meinung nach Fachhochschulen im Rechtsbereich und wo könnte die Reise hingehen?

Fachhochschulen können sich im Rechtsbereich meiner Meinung nach dadurch auszeichnen, dass sie besonders praxisorientierte Ausbildungen anbieten, mit Lehrpersonen, die selbst nach wie vor in der Praxis tätig sind oder dort lange tätig waren. Wo die Reise hingehen könnte, ist natürlich ganz schwer zu sagen. Wie andere Wirtschaftssektoren ist auch der Rechtsbereich von Themen wie Digitalisierung, Automatisierung, künstlicher Intelligenz etc. betroffen. Aber ich bin optimistisch, dass es auch in Zukunft zahlreiche Tätigkeitsfelder für Menschen in juristischen Berufen geben wird, und diese Menschen für entsprechende Tätigkeiten möglichst praxisnah auszubilden, dürfte Fachhochschulen auch in Zukunft ein weites Beschäftigungsfeld bieten.

Wem würden Sie eine Weiterbildung im Bereich Paralegal empfehlen und welche beruflichen Perspektiven sehen Sie damit?

Als ich meine praktische Tätigkeit im Rechtsbereich aufnahm, gab es noch Assistentinnen, die praktisch nichts anderes taten, als von Juristinnen und Juristen diktierte Texte abzutippen. Man nannte solche Assistentinnen despektierlich «Tippsen». Aufgrund des technologischen Wandels gibt es solche Assistentinnen oder Assistenten meines Wissens nicht mehr. Das Anforderungsprofil an juristische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist heute breiter und anspruchsvoller als früher. Einfach nur schnell und zuverlässig diktierte Texte schreiben zu können, reicht heute nicht mehr, obwohl dies ja an sich eine nicht einfache und nicht zu unterschätzende Aufgabe ist. Aber heute muss eine juristische Hilfskraft deutlich mehr können, und ich denke, dass die Weiterbildung zum Paralegal ein Baustein sein kann, um sich das entsprechende Profil zu verschaffen. Wer Freude am genauen Arbeiten, am Organisieren und Koordinieren hat, und das in einem rechtlichen Umfeld, etwa in einer Anwaltskanzlei oder einem Rechtsdienst, für den könnte eine Weiterbildung zum Paralegal das Richtige sein. Wer heute mit allen gängigen Anwendungsprogrammen wie Word, Excel etc. sehr gut umgehen kann, wer gleichzeitig sehr gut kommunizieren kann und über eine hohe soziale Kompetenz verfügt, sowie wer genau und zum Teil auch unter Druck arbeiten kann, der kann meiner Erfahrung nach als Paralegal in einem juristisch tätigen Team wichtige und spannende Aufgaben übernehmen, heute und auch in Zukunft.

Wenn Sie jungen Menschen für ihre Ausbildung und ihren Berufsweg zwei Tipps geben könnten, was wären das für Tipps?

Das wären die gleichen Empfehlungen, die ich auch meinen Söhnen gegeben habe. Erstens, sich in jede denkbare Richtung entwickeln zu dürfen, den eingeschlagenen Weg dann aber mit Engagement zu beschreiten. Meinen Söhnen gegenüber habe ich dies etwas salopper formuliert, ungefähr so: «Ihr könnte machen, was Ihr möchtet, aber Ihr dürfte keine ‘Hänger’ werden», «Hänger» im Sinne von «Herumhänger». Meiner Erfahrung nach sollte man, wenn dies geht, die Ausbildung machen und den Berufsweg einschlagen, der einem vom Bauchgefühl angezeigt wird. Es verändert sich alles so schnell, wer weiss heute schon, wie die Berufswelt in 10 oder 15 Jahren aussieht? Also würde ich empfehlen, die Berufsplanung nicht an heutigen Prognosen etc. auszurichten, sondern primär daran, was einem liegt, wo man seine Stärken sieht, was einen wirklich interessiert, etc. Der andere Tipp hat auch mit dem Bauchgefühl zu tun. Er lässt sich vielleicht so formulieren: Wenn man eigentlich «Nein» sagen möchte, dann sollte man nicht «Ja» sagen. Es gibt im Berufsleben Situationen, in denen man sich entscheiden muss, zum Beispiel eine Beförderung anzunehmen oder abzulehnen, einen Stellenwechsel zu wagen oder im aktuellen Job auszuharren, oder – um ein Beispiel aus der Anwaltspraxis zu geben – ein Mandat anzunehmen oder nicht. Man sollte sich meiner Erfahrung nach in solchen Situationen nicht gegen sein Bauchgefühl entscheiden, sondern auf dieses hören. Kurzfristig hat man dadurch manchmal Nachteile, aber langfristig profitiert man meiner Erfahrung nach davon, wenn man nicht gegen sein Bauchgefühl entscheidet.

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